Gesetzestext

 

In geeigneten Fällen und soweit es nach dem Entwicklungsstand des Mündels angezeigt ist,

1. hat das Familiengericht den Mündel persönlich anzuhören, wenn Anhaltspunkte bestehen, dass der Vormund pflichtwidrig die Rechte des Mündels nicht oder nicht in geeigneter Weise beachtet oder seinen Pflichten als Vormund in anderer Weise nicht nachkommt,
2. soll das Familiengericht den Anfangs- und Jahresbericht des Vormunds über die persönlichen Verhältnisse des Mündels, die Rechnungslegung des Vormunds, wenn der Umfang des zu verwaltenden Vermögens dies rechtfertigt, sowie wesentliche Änderungen der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse des Mündels mit dem Mündel persönlich besprechen; der Vormund kann hinzugezogen werden.

Normzweck.

 

Rn 1

Um die Subjektstellung des Mündels zu stärken, soll der Mündel, soweit es im Einzelfall geboten ist und auch sein Entwicklungsstand es zulässt (ggf gemeinsam mit dem Vormund), zu den Berichten, der Rechnungslegung und zur Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse durch das FamG angehört werden.

 

Rn 2

Nach Nr 1 ist eine Anhörung des Mündels geboten, wenn entsprechende Anhaltspunkte für Pflichtwidrigkeiten des Vormunds vorliegen und der Mündel die nötige Reife aufweist, den zugrunde liegenden Sachverhalt zu erfassen und zur Darstellung seiner Situation beizutragen. Seinen Pflichten gegenüber dem Mündel kommt der Vormund zB nicht nach, wenn er es unterlässt, dem Gericht berichtenswerte Vorgänge mitzuteilen, etwa, dass eine ehrenamtliche Vormundschaft möglich ist oder wenn er den bereits einsichtsfähigen Mündel vor einer Vermögensanlage nicht einbezieht (BTDrs 19/24445, 220 f).

 

Rn 3

Nach Nr 2 kann das FamG sowohl den Anfangs- als auch den Jahresbericht über die persönlichen Verhältnisse des Mündels mit diesem und ggf auch mit dem Vormund besprechen. Das FamG soll auf diese Weise ein eigenes Bild von der persönlichen Situation des Mündels beim Anfangsbericht und von der Zufriedenheit mit der Amtsführung des Vormunds beim Jahresbericht gewinnen. Das Gericht kann so einen unmittelbaren Eindruck über die Ansichten des Mündels erlangen. Unter der weiteren Voraussetzung, dass der Umfang des zu verwaltenden Mündelvermögens dies rechtfertigt, soll das FamG auch die Rechnungslegung des Vormunds mit dem Mündel besprechen. Schließlich kann auch eine Anzeige nach § 1802 II iVm § 1864 II 1 des Vormunds zu Änderungen der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse des Mündels für das FamG Anlass sein, diese Änderung mit dem Mündel und ggf mit dem Vormund zu besprechen. Es steht dabei (anders als in Nr 1) im pflichtgemäßen Ermessen des FamG, ob überhaupt eine Besprechung mit dem Mündel veranlasst wird und ob der Vormund zu dieser Besprechung hinzugezogen werden soll (BTDrs 19/24445, 220 f).

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