Rn 2

Nr 1 entspricht im Wesentlichen der Entlassung aus wichtigem Grund gem § 1886 aF, soweit diese wegen pflichtwidrigen Verhaltens des Vormunds zu erfolgen hat, dass die Interessen des Mündels gefährdet. Entspr den Grundsätzen der Amtsführung des Vormunds in § 1790 I wird dieser Entlassungsgrund um die Gefährdung des Mündelwohls erweitert. Dieser Entlassungsgrund gilt außerdem nunmehr auch für alle Vormünder, mithin auch für den Vereinsvormund und das Jugendamt (BTDrs 19/24445, 221 ff). Der Vormund ist zu entlassen, wenn die Fortführung des Amtes zu einer objektiven Gefährdung der Interessen des Mündels führen würde (BayObLG FamRZ 04, 1817, Braunschw FamRZ 20, 501; DAVorm 88, 286, 288). Maßgeblich für die Pflichtverletzung sind dabei die in §§ 1789 ff konkretisierten Amts- und Amtsführungspflichten für die Bereiche der Personen- und Vermögenssorge. Ein Schaden braucht noch nicht eingetreten zu sein, es genügt, dass die Schädigung des Mündels möglich und mit gewisser Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (BayObLG FamRZ 88, 874). Eine Prognose reicht, selbst wenn sich bei einer Ex-post-Betrachtung herausstellt, dass der Schaden sich doch nicht realisieren konnte. Ein Verschulden des Vormunds ist nicht vorausgesetzt (BayObLG FamRZ 90, 205, 206; Staud/Veit § 1886 aF Rz 8). In Betracht kommen in erster Linie Pflichtverstöße des Vormunds, wie zB Nichteinhalten der erforderlichen persönlichen Kontakte zwischen Vormund und Mündel (s § 1790 III), die Untauglichkeit für eine schwierige Vermögensverwaltung (BayObLG NJWE-FER 00, 11), bei massiven Verhaltensauffälligkeiten des Mündels die Nichtannahme wiederholt angebotener öffentlicher Hilfen (Braunschw FamRZ 20, 501), Unterlassung der Rechnungslegung (Hamm Rpfleger 66, 17), falsche Abrechnung und Verwendung von Mündelgeldern für sich selbst (Ddorf FamRZ 81, 98), erhebliche Interessengegensätze oder ein Vertretungsverbot iSv § 1789 II 2 iVm § 1824, es genügt aber auch, jede anderweitige Gefährdung von Mündelinteressen (KG JW 35, 546), wie etwa eine tief greifende Entfremdung zwischen Vormund und Mündel (BayObLG OLGZ 18, 206), eine lang andauernde Erkrankung oder Verhinderung des Vormunds (BayObLG OLGZ 17, 151), eine Verwahrlosung des Mündels (BayObLG OLGR 03, 361 f); Fehlen der erforderlichen Distanz zur Kindesmutter (Ddorf FamRZ 10, 308). Stellt das Gericht die Gefährdung des Mündelinteresses fest, so ist der Vormund zu entlassen, soweit nicht nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit andere Mittel oder mildere Eingriffe (zB Gebote/Verbote iRd Aufsicht durch das FamG) zur Verfügung stehen, um die Gefährdung der Interessen des Mündels abzuwehren (Staud/Veit § 1886 aF Rz 17; BayObLG BtPrax 96, 67, 68). Betrifft die Gefährdung gerade ein einzelnes Geschäft, so wird es zB regelmäßig genügen, dem Vormund die Vertretung in dieser Angelegenheit zu entziehen und einen Pfleger zu bestellen.

 

Rn 3

Nr 2 knüpft mit Modifikationen an § 1889 II aF an und sieht nunmehr im Interesse einer Stärkung der ehrenamtlichen Vormundschaft die Entlassung aller Berufsvormünder vor, wenn ein nach § 1779 I geeigneter ehrenamtlicher Vormund zur Verfügung steht und die Maßnahme dem Wohl des Mündels nicht entgegensteht. Beim Jugendamt kann sich ein entgegenstehendes Mündelinteresse zB, trotz Wechsel der örtlichen Jugendamtszuständigkeit, aus einer besonders engen Bindung des Mündels zu dem bisher die Vormundschaft führenden Jugendamtsmitarbeiter ergeben (Staud/Veit § 1889 aF Rz 15; aA Frankf FamRZ 20, 1843).

 

Rn 4

Nr 3 regelt die Entlassung des Vereinsvormunds vAw. Das FamG hat den Vereinsvormund zu entlassen, wenn er aus dem Arbeitsverhältnis mit dem Vormundschaftsverein ausscheidet.

 

Rn 5

Nr 4 übernimmt die bisherige Regelung in § 1886 HS 2 aF und erstreckt sie nunmehr auf sämtliche Ausschlussgründe des § 1784. Eine Entlassung des Vormunds vAw hat demnach zu erfolgen, wenn einer der in § 1784 genannten Ausschlussgründe erst nach der Bestellung des Vormunds eintritt oder wenn ein Umstand erst nach der Bestellung bekannt wird, der seiner Bestellung gem § 1784 entgegengestanden hätte.

 

Rn 6

Nr 5 stellt eine Auffangregelung für die aus einem sonstigen wichtigen Grund erforderliche Entlassung vAw dar und ersetzt damit, etwa wenn eine dienstrechtlich erforderliche Genehmigung nachträglich zurückgenommen bzw widerrufen oder auch erstmalig erforderlich und nicht erteilt wird. Ersetzt wird insoweit § 1888 aF.

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