Rn 1

Die Vorschrift übernimmt mit Änderungen den Regelungsinhalt von § 1905 aF. Der grundsätzliche Verbotscharakter wird durch den geänderten Wortlaut deutlicher und das Selbstbestimmungsrecht der nicht einwilligungsfähigen Betreuten wird gestärkt. Abweichend von der bisherigen Regelung genügt es nicht mehr, dass eine nicht einwilligungsfähige betreute Person der Sterilisation lediglich nicht widerspricht, sondern sie muss nach I Nr 1 dem Eingriff mit ihrem natürlichen Willen zustimmen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass nicht einwilligungsfähige Betreute, die nicht in der Lage sind, einen natürlichen Willen zu bilden oder zu äußern, nicht sterilisiert werden dürfen. Zudem ist die Regelung des § 1905 I 2 aF, wonach auch gerichtliche Maßnahmen den Tatbestand einer schwerwiegenden Beeinträchtigung für den seelischen gesundheitlichen Zustand einer Schwangeren erfüllen konnten ersatzlos gestrichen worden, da eine Behinderung kein Grund sein darf, eine Mutter von ihrem Kind zu trennen (s Art 23 I c UN-BRK). Die Sonderregelung der gerichtlichen Genehmigung von Sterilisationen erklärt sich aus der besonderen Schwere des Eingriffs, der nicht zuletzt aus verfassungsrechtlichen Gründen engere Voraussetzungen als die Einwilligung in die von § 1829 umfassten übrigen ärztlichen Eingriffe, sowie zusätzliche strenge Verfahrensgarantien erfordert (Pieroth FamRZ 90, 117; Schwab FamRZ 90, 686). So ist für Einwilligung in eine Sterilisation immer ein besonderer Sterilisationsbetreuer zu bestellen (§ §§ 1830 I, 1817 II). Die Aufgabe muss auch von einer natürlichen Person wahrgenommen werden (§ 1818 V). Eine Einwilligung des Betreuers in die Sterilisation ist an das Vorliegen bestimmter Gründe gebunden, deren Vorliegen vom BtG geprüft und genehmigt werden muss (II 1). Die Vorschrift betrifft nur Volljährige, bei Minderjährigen ist ein derartiger Eingriff verboten (§ 1631c).

 

Rn 2

Unter Sterilisation versteht man die gezielte dauerhafte Unfruchtbarmachung von Frauen bzw Männern durch einen ärztlichen Eingriff (BayObLG BtPrax 97, 158, 159). Ist die Unfruchtbarkeit lediglich die Folge einer anderweitig indizierten ärztlichen Maßnahme, fällt dies nicht unter § 1830, aber evtl unter die Genehmigungspflicht des § 1829. Ob die Möglichkeit einer Refertilisierung besteht, ist unbeachtlich. Auch wenn der Betroffene bereits einen Betreuer hat, ist für den Aufgabenkreis ›Einwilligung zur Sterilisation‹ nach § 1830 I iVm § 1817 II zwingend ein zusätzlicher Sterilisationsbetreuer zu bestellen.

Die Vorschrift übernimmt zu wesentlichen Teilen die Regelungen des § 1905 aF, wobei jedoch in der Neuregelung eine bisher bestehende Schutzlücke für einwilligungsunfähige Erwachsene geschlossen worden ist. Es reicht zukünftig nicht mehr aus, dass eine betreute Person der Sterilisation lediglich nicht widerspricht. Nicht einwilligungsfähige Betreute, die nicht in der Lage sind, einen natürlichen Willen zu bilden oder zu äußern, dürfen folglich nicht mehr sterilisiert werden (BTDrs 19/27287 – Vorabbefassung, 24 f).

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