Rn 2

Nr 1 unterstellt zunächst die Verpflichtung zur Verfügung über das Vermögen des Betreuten im Ganzen dem Genehmigungsvorbehalt. Anders als bei § 1365 fallen hierunter nur Geschäfte über das Vermögen en bloc, wie sich aus der Gleichstellung mit Erbschaften ergibt (Staud/Veit § 1822 aF Rz 2 mwN). Dies sind Geschäfte iSd § 311 b III und solche, mit denen eine Gütergemeinschaft vereinbart oder aufgehoben wird (vgl §§ 1411 I 2, 1484 II, 1492 III). Der Wille der Vertragspartner muss sich auf die Übertragung des Vermögens beziehen (hM Grüneberg/Götz § 1854 Rz 2). Rechtsgeschäfte über einen Einzelgegenstand, mag er auch wirtschaftlich das gesamte Mündelvermögen darstellen, werden nicht erfasst (Soergel/Zimmermann § 1822 aF Rz 2).

 

Rn 3

Nr 2 betrifft mit Ausnahme der eingeräumten Überziehungsmöglichkeiten für das (Verfügungsgeld-)Girokonto des Betreuten jede Art der Kreditaufnahme auf dessen Namen. Hierzu zählt hauptsächlich die Darlehensaufnahme (§ 607), aber auch die Inanspruchnahme eines Kontokorrentkredits (KG FamRZ 10, 402), der Abschluss von Vorverträgen und die Abgabe von Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnissen (§§ 780, 781). Nicht dagegen die Umwandlung einer bestehenden Zahlungsverpflichtung in ein Darlehen (Hamm FamRZ 04, 23 mwN; aA MüKo/Schwab § 1822 Rz 52); auch nicht ein Abzahlungskauf (BGH WM 72, 698), wohl aber ein drittfinanzierter Teilzahlungskauf (Staud/Veit § 1822 aF Rz 148 mwN).

 

Rn 4

Nr 3 erfasst die Ausstellung von Schuldverschreibungen auf den Inhaber (§§ 793 ff) und die Eingehung von Verbindlichkeiten aus Orderpapieren, wie Wechsel, Scheck, Papiere nach §§ 373 ff HGB. Genehmigungsbedürftig ist auch die Ausstellung eines Inhaberschecks (Westermann FamRZ 67, 650; aA Staud/Veit § 1822 aF Rz 161, MüKo/Schwab § 1822 afF Rz 60).

 

Rn 5

Nr 4 betrifft die Übernahme fremder Verbindlichkeiten, soweit sie sich nicht lediglich als Nebenfolge aus einem anderen Rechtsgeschäft ergeben. Die Vorschrift dient dazu, zu verhindern, dass der Betreuer zu Lasten des Betreuten leichtfertig eine fremde Schuld im Vertrauen auf eine Rückgriffsmöglichkeit gegen den Erstschuldner übernimmt (RGZ 158, 210, 215). Sie ist daher nicht anwendbar, wenn der Betreuer von vornherein die Schuld ohne Möglichkeit des Regresses selbst erfüllen muss (BGHZ 60, 385), wie etwa bei der Übernahme von Grundpfandrechten beim Grundstückserwerb (s aber § 1850 Nr 6). Die Genehmigungspflicht entfällt auch nicht dadurch, dass sich ein Dritter im Innenverhältnis zum Betreuten zur Übernahme der Belastungen verpflichtet (Hamm FamRZ 01, 53). Genehmigungsbedürftig sind die Übernahme fremder Schulden iSd §§ 414 ff, die Verpfändung (RG 63, 76) oder Sicherungsübereignung zur Sicherung fremder Schulden (RG JW 15, 141), der Erwerb von Miteigentumsanteilen bei gesamtschuldnerischer Haftung für den gesamten Kaufpreis (BGHZ 60, 385), der Beitritt zu einer Gesellschaft, sofern der Betreute nach §§ 16 III, 24 GmbHG mit der Haftung für eine fremde Verbindlichkeit belastet wird, für die er bei dem säumigen Gesellschafter Regress nehmen kann (Staud/Veit § 1822 aF Rz 183); die Auflassung von Bruchteilen eines Wohnungseigentums (München FamRZ 13, 494).

 

Rn 6

Nr 5 betrifft die Eingehung einer Bürgschaft (§§ 765 ff). Bei der Eingehung der Bürgschaft handelt es sich nicht um einen Unterfall der Übernahme fremder Verbindlichkeiten, daher wird der Genehmigungstatbestand nunmehr getrennt von Nr 4 geregelt.

 

Rn 7

Nr 6 betrifft den Abschluss eines Vergleichs (§ 779 u §§ 794 I Nr 1, 796a ZPO) oder Schiedsvertrags (vgl §§ 1025 ff ZPO). Keiner Genehmigung bedarf es, wenn der gerichtliche oder außergerichtliche Vergleich einem schriftlichen oder protokollierten gerichtlichen Vergleichsvorschlag entspricht oder wenn der Gegenstand des Streits oder der Ungewissheit in Geld schätzbar ist und den Wert von 6.000 EUR nicht übersteigt. Auch der Schiedsgutachtervertrag bedarf keiner Genehmigung (BGH FamRZ 14, 655). Die Wertberechnung erfolgt nach §§ 3 ff ZPO. Enthält ein iÜ genehmigungsfreies Rechtsgeschäft eine Schiedsvereinbarung, so hat das Gericht das Rechtsgeschäft insg am Wohl und an den Interessen des Betreuten zu prüfen (Hamm FamRZ 01, 373).

 

Rn 8

Nr 7 erfasst die Aufhebung oder Minderung einer für eine Mündelforderung bestehenden Sicherheit und die entspr Verpflichtung dazu. Gemeint ist nicht nur die Aufgabe einer ausdrücklich nach §§ 232 ff oder nach §§ 108, 710 ZPO bestellten Sicherheit, sondern jede Preisgabe oder Schwächung eines Rechts, das die Durchsetzbarkeit einer Forderung des Mündels stärkt (Staud/Veit § 1822 aF Rz 222). Voraussetzung ist, dass die Forderung selbst bestehen bleibt. Erfasst sind zB Aufhebung (§ 875) oder Rangrücktritt (§ 880) eines Grundpfandrechts (BayObLG OLGZ 17, 173), die Freigabe eines Bürgen, die Aufhebung eines Pfandrechts (§§ 1253, 1255), der Verzicht auf die Hypothek (KG OLGE 8, 359, 361), Verteilung einer Gesamthypothek auf einzelne Grundstücke (§ 1132 II) usw. Nicht der Genehmigung nach Nr 7 bedarf die Aufhebung einer zur Sicherheit bestellten Hy...

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