Rn 10

§ 1923 II verlegt den Zeitpunkt der Erbfähigkeit vor: Ein Kind, das vor dem Erbfall gezeugt, aber noch nicht geboren war, gilt bereits zu diesem Zeitpunkt als Erbe, wenn es danach lebend zur Welt kommt. Nicht erforderlich ist, dass das Kind lebensfähig ist (LSG Niedersachsen NJW 87, 2328), da der Nachlass mit der Geburt anfällt. Maßgeblich für die Erbfähigkeit ist der Zeitpunkt der Einnistung des Eis in die Gebärmutter (Köln v 4.7.16 – 2 Wx 114/16). Eine erweiterte Auslegung, etwa die Zulässigkeit einer Schenkung an das Kind vor Vollendung der Geburt, kommt nicht in Betracht (vgl § 1 Rn 18; so aber offenbar Celle ZEV 18, 470 [OLG Celle 30.01.2018 - 9 W 13/18]).

 

Rn 11

Kommt es zu einer Fehl- oder Todgeburt oder stirbt der nasciturus mit der Mutter, ist die Erbfähigkeit des Kindes nie eingetreten.

 

Rn 12

Bei einer In-vitro-Fertilisation außerhalb des Mutterleibs ist die Erbfähigkeit des später lebend geborenen Kindes zu bejahen, wenn die künstliche Befruchtung vor dem Erbfall, die Implantation aber erst nach dem Erbfall erfolgt ist (MüKo/Leipold § 1923 Rz 16 mwN).

 

Rn 13

Ein nach dem Erbfall gezeugtes Kind kann zwar nicht als Erbe, wohl aber als Nacherbe, § 2101 I, oder Vermächtnisnehmer, § 2162 II, eingesetzt sein.

 

Rn 14

Während des Schwebezustandes zwischen Erbfall und Geburt nehmen die sorgeberechtigten Eltern die künftigen Rechte des nasciturus nach § 1912 II wahr; sie können zwar die Erbschaft noch nicht annehmen, wohl aber ausschlagen (Oldbg NJW-RR 94, 651; aA LG Berlin Rpfleger 90, 362). Eine familiengerichtliche Genehmigung ist nicht erforderlich (LG Osnabrück Rpfleger 93, 342 [OLG Hamm 13.01.1993 - 15 W 216/92]). Ggf kann auch ein Pfleger bestellt werden, dessen Amt mit der Geburt des Kindes endet, § 1918 II.

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