Rn 3

Die Norm ist nicht nur für die Abgabe einer Willenserklärung (zur Zeitbürgschaft BGH NJW 96, 1052, 1053 [BGH 23.01.1996 - XI ZR 105/95]; zur Ablehnung des Angebots auf Vertragsverlängerung BGH NJW 75, 40) oder die Bewirkung einer Leistung, sondern auch für die fälligkeits- oder verzugsauslösenden Fristen (BGH NJW 07, 1581 Rz 13, 24 ff) relevant. Damit hat sie keine Bedeutung für andere Ereignisse, bspw Eintritt einer Bedingung (RG SeuffA 86 Nr 59) oder die Berechnung einer Vertragsstrafe (BGH NJW 78, 2594) oder des Verzugszinslaufs (Frankf NJW 75, 1971 f [OLG Frankfurt am Main 23.01.1975 - 1 U 79/74]): Läuft an sich die Frist zur Rückzahlung nach § 488 I 2 am Wochenende aus, sind aus § 488 I 2 bis zum nächsten Werktag Zinsen zu zahlen und ab diesem ggf nach §§ 280 I, II, 286 (MüKo/Grothe Rz 13). Entspr Anwendung findet § 193 auf geschäftsähnliche Handlungen (Vor §§ 116 Rn 7) und Prozesshandlungen mit materiellrechtlichen Wirkungen, insb Klageerhebung zur Verjährungsunterbrechung (BGH WM 78, 461, 464), Klage aufgrund Insolvenzanfechtung (BGH NJW 84, 1559 [BGH 01.03.1984 - IX ZR 33/83]), Widerruf eines Prozessvergleichs (BGH NJW 78, 2091) oder die gerichtlich bewilligte Räumungsfrist (LG Hamburg NJW-RR 90, 657 [LG Hamburg 05.02.1990 - 307 T 13/90]). Nicht in Betracht kommt eine Anwendung in solchen Fällen, in denen sich an einen bestimmten Termin oder das Ende einer Frist eine Schutzfrist zugunsten eines anderen anschließen, wie bspw bei gesetzlichen Kündigungsfristen (BGH NJW 05, 1354, 1355). Dies gilt bspw bei Kündigungsfristen im Arbeitsvertrag (BAG NJW 70, 1470; DB 77, 639), die Kündigung eines Handelsvertreterverhältnisses (BGHZ 59, 267) oder mietvertragliche Kündigungsfristen (krit Staud/Repgen Rz 14). Anderes gilt für Kündigungsfristen, die keinen solchen Schutzcharakter haben wie bspw im Versicherungsvertrag (AG Hamburg VersR 51, 125; LG Köln VersR 53, 185). Nach AktG gelten bzgl der Anmeldungs- bzw Hinterlegungsfrist die §§ 187–193 nicht (§ 121 VII 3 AktG) und sind der Tag der Versammlung (§ 121 VII 1 AktG) und der der Einberufung (§ 123 I 2 AktG) nicht mitzuberechnen. Auch für die Frist nach § 51 I 2 GmbHG gilt § 193 nicht (Hamm NJW-RR 01, 105, 107 [OLG Hamm 14.03.2000 - 27 U 102/99]; str). § 193 gilt entspr für den Ablauf von Verjährungs- und Ausschlussfristen (BGH 25.4.17 – VIII ZR 217/16 Rz 22; NJW-RR 08, 459 [BGH 06.12.2007 - III ZR 146/07] Rz 13) sowie unmittelbar für einen befristeten Verjährungseinredeverzicht (§ 202 Rn 4; Oldbg v 31.10.06 – 2 U 28/06); ferner zur Streitwertanfrage BGH 26.2.16 – V ZR 131/15 Tz 13.

Neben die staatlich allgemein anerkannten Feiertage treten in einzelnen Bundesländern landesgesetzlich geregelte Feiertage (Übersicht bei MüKo/Grothe Rz 12), bei denen § 193 nur greift, wenn dieser Tag gerade am Erfüllungs- bzw Leistungsort staatlich allgemein anerkannt ist; insoweit kommt es zB für Rechtsmittelfristen auf die Verhältnisse am Sitz des Gerichts an; entspr gilt für ein Prozesskostenhilfegesuch (BGH NJW-RR 12, 254 [BGH 10.01.2012 - VI ZA 27/11]: zu Mariä Himmelfahrt; BAG NZA 12, 111 [BAG 24.08.2011 - 8 AZN 808/11] Rz 5 f: zu Fronleichnam). Für andere Tage, auch wenn an ihnen idR bei Behörden und Teilen der Wirtschaft nicht gearbeitet wird (zB Silvester, 24.12.), gilt § 193 nicht.

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