Rn 1

Die durch Art 14 I GG geschützte Testierfreiheit ist im BGB nicht ausdrücklich geregelt. Die Testierfreiheit soll dem Einzelnen die Möglichkeit geben, über sein Vermögen auch nach dem Tod entspr seinen Wünschen und Vorstellungen zu verfügen (BVerfG NJW 05, 1561 [BVerfG 19.04.2005 - 1 BvR 1644/00]; Schmoeckel, JZ 99, 517 [BGH 02.12.1998 - IV ZB 19/97]). Die §§ 19371941 enthalten wichtige, aber nicht abschließende (RGZ 170, 380) Verfügungen, die der Erblasser in einem Testament treffen kann. Diese Vorschriften betreffen teilweise die Form, teilweise den Inhalt des Rechtsgeschäfts, mit welchem der Erblasser das Schicksal seines Vermögens nach dem Tod regeln kann. In Betracht kommen aber auch weitere Gestaltungsformen wie Auseinandersetzungs-/Teilungsanordnungen, Entziehung oder Beschränkung des Pflichtteils, Ernennung eines Testamentsvollstreckers, Schiedsklauseln (Staud/Otte Vor § 1937 Rz 6 ff), die Änderung der Bezugsberechtigung einer Lebensversicherung (Erman/Lieder § 1937 Rz 1), der Widerruf einer Schenkung (RGZ 170, 380), familienrechtliche Anordnungen wie insb die Benennung eines Vormunds, die Beschränkung der Vermögenssorge (§ 1638) sowie güterrechtliche Anordnungen. Darüber hinaus können mit der letztwilligen Verfügung auch rein äußerliche Rechtsgeschäfte, wie eine Bevollmächtigung, verbunden sein, deren Gültigkeitsvoraussetzungen sich dann aber nicht nach erbrechtlichen Regelungen bestimmen (Köln NJW 50, 702). Nach Auffassung des BGH schützt Art 14 I GG neben der Testierfreiheit auch die sogen ›negative Erbfreiheit‹, also das Recht kein Erbe zu werden (BGH NJW 11, 258; krit Leipold ZEV 11, 528 Zimmer ZEV 11, 262 [BGH 19.01.2011 - IV ZR 7/10]). Diese negative Erbfreiheit soll dem Erben die Befugnis zum Abschluss erbrechtlicher Verzichtsverträge geben, ohne dass etwa der Sozialhilfeträger dies verhindern dürfte. Ob ein solches Recht tatsächlich grundrechtlich geschützt ist, erscheint indes zweifelhaft (vgl Wendt ErbR 12, 66). Der Erbe kann jedoch nicht gezwungen werden, sein Erbrecht durchzusetzen; auch kann er nicht gezwungen werden, einen Pflichtteilsanspruch geltend zu machen (BGH NJW 13, 530); allerdings kann die Nichtgeltendmachung von erbrechtlichen Ansprüchen unterhaltsrechtlich und sozialrechtlich eine Verletzung von Pflichten und Obliegenheiten sein (BGH NJW 13, 530 [BGH 28.11.2012 - XII ZR 19/10] aaO).

 

Rn 2

§ 1937 beinhaltet den Vorrang der gewillkürten Erbfolge ggü der systematisch jedoch davor geregelten gesetzlichen Erbfolge. Die gesetzliche Erbfolge kommt nur dann zur Anwendung, wenn der Erblasser keine (wirksame) letztwillige Verfügung von Todes wegen getroffen hat.

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