Rn 35

Die Höhe der Vergütung ist nach pflichtgemäßem Ermessen des Nachlassgerichts zu ermitteln, bei keinem oder geringem Nachlasswert nach § 3 VBVG, eine Abrechnung nach Prozentsätzen ist unzulässig (Frankf FGPrax 17, 177). Zulässig und sinnvoll ist die Herstellung einer Tabelle, die nach Nachlasswert, nutzbarer beruflicher Vorbildung, Schwierigkeitsgrad und Umfang unterscheidet (Schlesw Rpfleger 14, 22). So ist es zulässig und sinnvoll die Empfehlung der Arbeitsgemeinschaft der DVEV anzuwenden. Die Vergütung wird dabei regelmäßig nach Zeitaufwand und Stundensatz abgerechnet (BayObLG ZEV 00, 410), bei der Erstellung des Tätigkeitsnachweises muss der Pfleger keine minutengenaue zeitliche Aufstellung machen (so aber Celle FamRZ 16, 2035), sondern die Angemessenheit und Plausibilität von Tätigkeit und Zeitaufwand unterliegt in entsprechender Anwendung des § 287 ZPO einem Schätzungsermessen (BGH ZEV 18, 394; Ddorf Rpfleger 20, 275). Für die Frage, ob der Zeitaufwand für eine bestimmte Tätigkeit des Nachlasspflegers zu vergüten ist, kommt es auf seine Sicht an, ob er die Tätigkeit zur Erfüllung seiner Aufgaben für erforderlich halten durfte (KG ZFE 07, 477). Häufig wird der Stundensatz (mit dem Satz des § 3 I Nr 2 VBVG 39,00 EUR), nicht ausreichen und daher höher festzusetzen sein (Brandbg FamRZ 11, 141). Für den nichtanwaltlichen Nachlasspfleger erscheinen bei werthaltigem Nachlass Stundensätze von 80 bis 95 EUR angemessen (Naumbg OLGPrax 19, 99). Wurde ein Rechtsanwalt gerade wegen seiner Rechtskenntnisse zum Nachlasspfleger bestellt, kann eine (deutlich) höhere als die gesetzlich vorgesehene Mindestvergütung verlangt werden. Für die Tätigkeit eines als Nachlasspfleger bestellten Rechtsanwalts (oder ähnliche Qualifikation) mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad soll ein Nettostundensatz von 110 EUR angemessen sein (Hamm FamRZ 17, 660; Ddorf RPfleger 13, 93); für den Steuerberater ein Betrag von 100 EUR (BGH ZEV 18, 394), bei schwierigem Nachlass ›ausnahmsweise‹ auch 175 EUR (KG Rpfleger 20, 663); für die Inanspruchnahme von Hilfspersonal durch den anwaltlichen Vertreter denselbsen Stundensatz (KG Rpfleger 20, 663), bei erhöhtem Schwierigkeitsgrad 120 EUR (Celle RPfleger 12, 257) oder 130 EUR (Brandbg FamRZ 11, 926; Köln FamRZ 13, 1837). Bei vermögendem Nachlass sind für die Vergütung des Nachlasspflegers die Stundensätze im Grundsatz unabhängig von den Feststellungen anhand der Kriterien des § 1888 II 2 zu bestimmen. Die festgelegten Sätze für die Vergütung der Betreuer können nur im Einzelfall als Anhaltspunkt und nur iSv Mindestsätzen herangezogen werden, wenn sich die konkrete Nachlassabwicklung als einfach darstellt (Schlesw MDR 11, 369 [OLG Schleswig 18.12.2009 - 3 Wx 24/08]). Zu weiteren Einzelheiten der Vergütung § 18381 Rn 2 ff.

 

Rn 36

Bei einem mittellosen Nachlass erhält der Nachlasspfleger eine Vergütung nach § 3 I VBVG (Dresd ZFE 07, 438; Saarbr ZErb 14, 290), dh je nach Ausbildung gestaffelt 23,00 EUR, 29,50 EUR oder 39,00 EUR zzgl Umsatzsteuer, § 3 I, III 2 VBVG. Auf die Kriterien des § 1808 kommt es idR nicht an, sondern nur auf die Ausbildung des Nachlasspflegers.

 

Rn 37

Die festgesetzte Vergütung ist vom Erben zu zahlen. Ihm ist daher vor Festsetzung rechtliches Gehör zu gewähren; wenn dieser nicht bekannt ist, ist ein Pfleger zu bestellen (Köln FamRZ 18, 534). Er haftet für die Schuld, da sie als Erbfallschuld eine Nachlassverbindlichkeit darstellt (Frankf Rpfleger 93, 284). Ist der Nachlass mittellos, hat die Staatskasse ausnahmsweise einzustehen, diese kann Rückgriff bei den Erben nehmen (zu den Grenzen vgl Ddorf FamRZ 13, 815). Maßgebend für die Frage der Mittellosigkeit ist der Aktivnachlass. Ist die Vergütung durch den Nachlass nicht gedeckt, ist dieser mittellos (Bay-ObLG ZEV 00, 410). Ein nach § 90 SGB XII anerkanntes Schonvermögen wird bei der Bestimmung des Aktivnachlasses nicht berücksichtigt (BayObLG NJW-RR 03, 1305 [BayObLG 19.02.2003 - 3Z BR 21/03]).

 

Rn 38

Das Nachlassgericht setzt die Vergütung auf Antrag oder nach §§ 168 FamFG vAw durch Beschl fest, der Nachlasspfleger muss hierfür eine genaue Darstellung seiner Tätigkeit vorlegen, eine Schätzung genügt nicht (Celle FamRZ 16, 2035). Erst von diesem Zeitpunkt an ist die Vergütung des Nachlasspflegers entsprechend § 291 zu verzinsen (Brandbg FamRZ 10, 592). Das Nachlassgericht hat sich Kenntnis von den vergütungsrelevanten Umständen des Einzelfalls zu verschaffen, den Zeitaufwand des Pflegers zu überprüfen und den im Einzelfall zutreffenden Stundensatz zu ermitteln und den Erben zu hören (zu den Darlegungspflichten des Nachlasspflegers im Vergütungsantrag, vgl BGH FamRZ 13, 2959; Bestelmeyer, Rpfleger 14, 652). Der Pfleger darf die festgesetzte Vergütung dem von ihm verwalteten Barvermögen entnehmen, wobei eine Verzinsung nur unter den Voraussetzungen der §§ 288, 291 verlangt werden kann (BayObLG Rpfleger 04, 422). Über evtl Ersatzansprüche der Erben gegen den Pfleger gem § 1826 entscheidet das Prozessgericht. Allerdings können vorsät...

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