Rn 1

Ein aufwendiges Verfahren der Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenz macht dort keinen Sinn, wo keine die Kosten des Verfahrens (§§ 1988 II, 207 InsO) deckende Masse vorhanden ist. In diesen Fällen kann der Erbe die gleiche Wirkung durch Einrede herbeiführen. Als Folge muss er aber den Gläubigern den Nachlass zum Zwecke der Zwangsvollstreckung herausgeben. Der zunächst unbeschränkt haftende Erbe muss damit die Verfahrenskosten nicht vorschießen, um die Haftungsbeschränkung herbeizuführen.

 

Rn 2

Die Einrede steht dem Erben nur ggü denjenigen Nachlassgläubigern (auch ggü der Finanzverwaltung dazu ausf Dusch DStR 2013, 844) zu, denen ggü er nicht nach § 2013 I S 1 unbeschränkt haftet. Die Einrede wird wie folgt unterteilt: Mit der Dürftigkeitseinrede kann der Erbe, wenn der Nachlass zwar unzureichend, aber nicht überschuldet ist, den Zugriff der Nachlassgläubiger auf das Eigenvermögen des Erben abwehren (hM; Grüneberg/Weidlich § 1990 Rz 1; aA Staud/Dobler § 1990 Rz 2, 3). Die Unzulänglichkeitseinrede wird erhoben, wenn der dürftige Nachlass darüber hinaus auch überschuldet ist und somit eine vollständige Befriedigung aus dem Nachlass nicht möglich ist, wobei sich dies erst nach der Herausgabe des Nachlasses (I 2) in der Zwangsvollstreckung ergibt (MüKo/Küpper § 1990 Rz 11). Die Nachlassgläubiger sind dann auf den Nachlassrest verwiesen (Soergel/Magnus § 1990 Rz 2). Sind im Nachlass keinerlei Aktiva (mehr) vorhanden und bestehen auch keine Ersatzforderungen gegen den Erben nach §§ 1978, 1979, 1991 I, ist die Erschöpfungseinrede zu erheben. Liegen diese Voraussetzungen vor, wird schon die Klage des Nachlassgläubigers mangels Haftungsmasse abgewiesen. Allerdings darf das Prozessgericht ohne Prüfung der Erschöpfung des Nachlasses nach freiem Ermessen dem beklagten Erben auf seine Dürftigkeitseinrede hin die Haftungsbeschränkung vorbehalten oder die behauptete Erschöpfung des Nachlasses materiell prüfen, sofern nicht die Dürftigkeit des Nachlasses bereits feststeht (Ddorf FamRZ 10, 496). Die erstmals im Berufungsverfahren erhobene Einrede der Dürftigkeit ist unabhängig von den Voraussetzungen des § 531 II 1 Nr. 1–3 ZPO auch dann zuzulassen, wenn die Dürftigkeit des Nachlasses streitig ist, sofern das Berufungsgericht den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung ausspricht, ohne dessen sachlichrechtlichen Voraussetzungen zu prüfen (Celle FamRZ 10, 1273). Das Gericht kann, muss aber nicht über die Haftungsbesschränkung entscheiden, ausreichend ist die Aufnahme des Vorbehalts.

 

Rn 3

Der Erbe kann ggü bestimmten nachlassbeteiligten Gläubigern auch die Überschwerungseinrede des § 1992 erheben (s § 1992 Rn 4 ff).

 

Rn 4

Für die Haftungsbeschränkung ist die ausdrückliche Berufung auf § 1990 nicht erforderlich; es reicht aus, dass der Erbe unter dem Vorbehalt des § 780 ZPO verurteilt wurde (BGH NJW 93, 850 [BGH 25.11.1992 - IV ZR 147/91]). Eine Beschränkung der Erbenhaftung durch die Einrede der Dürftigkeit oder der Unzulänglichkeit des Nachlasses ist nicht im Verfahren gegen ein verwaltungsrechtliches Leistungsgebot geltend zu machen, sondern allein im Zwangsvollstreckungsverfahren (VG Köln ZEV 11, 93 [VG Köln 24.08.2010 - 14 K 1654/09]).

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