Gesetzestext

 

(1) 1Das Nachlassgericht hat dem Erben auf Antrag eines Nachlassgläubigers zur Errichtung des Inventars eine Frist (Inventarfrist) zu bestimmen. 2Nach dem Ablauf der Frist haftet der Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt, wenn nicht vorher das Inventar errichtet wird.

(2) 1Der Antragsteller hat seine Forderung glaubhaft zu machen. 2Auf die Wirksamkeit der Fristbestimmung ist es ohne Einfluss, wenn die Forderung nicht besteht.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Die Vorschrift ermöglicht es den Nachlassgläubigern, Druck auf den Erben auszuüben, um an Informationen über den Bestand des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls zu gelangen. Diesem Recht entspricht aber keine im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzbare Pflicht. Der Erbe hat, wenn er diese Obliegenheit verletzt, Nachteile in Form einer nicht mehr beschränkbaren Haftung zu befürchten. Diese Folge tritt nicht nur dann ein, wenn der Erbe das Inventar nicht rechtzeitig errichtet, sondern auch bei bewusst fehlerhaften Angaben, wenn er die Auskunft verweigert, § 2003 II, oder vorsätzlich verzögert, § 2005 I 2 und im Falle des § 2006 III. Eine Fristbestimmung ist auch dann möglich, wenn die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens oder die Anordnung der Nachlassverwaltung mangels Masse abgelehnt worden war (Stuttg FamRZ 95, 57).

 

Rn 2

Ein verspätet eingereichtes Inventar kann die Folgen der Fristversäumnis (I 2) nicht mehr abwenden, auch nicht durch eine Nachlassinsolvenz. Die Entscheidung über die Wirkung des Fristablaufs trifft das Prozessgericht (KG RJA 8, 185).

 

Rn 3

Die Wirkungen des I 2 erstrecken sich weder auf den Mit-, noch auf den Nacherben. Eine Haftungsbeschränkung nach §§ 1973, 1974 ist nicht mehr möglich. Der Erbe kann nur noch das Nachlassinsolvenzverfahren, nicht aber die -verwaltung beantragen, § 2013 I 1 (MüKo/Küpper § 1994 Rz 11).

B. Voraussetzungen.

I. Verfahren.

 

Rn 4

Die Inventarfrist ist eine richterliche (also keine gesetzliche) Frist (Erman/Horn § 1994 Rz 1), die allein auf Antrag eines Nachlassgläubigers bestimmt wird. Die Fristbestimmung ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Erbe zuvor Antrag auf amtliche Inventaraufnahme gestellt hat (München FamRZ 08, 2310). Die Glaubhaftmachung des Antragstellers erstreckt sich darauf, dass er Nachlassgläubiger ist (KG FamRZ 05, 837) und sich seine Forderung gegen den Nachlass richtet, seine behauptete Forderung darf also keine ausschließliche Eigenschuld gegen den Erben sein. Des Weiteren muss er behaupten, dass der Antragsgegner Erbe geworden ist, da das Nachlassgericht die Feststellungen vAw zu prüfen hat (LG Krefeld MDR 70, 766).

 

Rn 5

Zwar ist die Erbschaftsannahme selbst keine Voraussetzung, § 1995 II, wenngleich die Frist erst im Zeitpunkt der Erbschaftsannahme beginnt.

 

Rn 6

Jeder Nachlassgläubiger, und zwar unabhängig von einem evtl bestehenden Auskunftsanspruch des nachlassbeteiligten Gläubigers (Vermächtnisnehmer, die in § 2194 Genannten, Pflichtteilsberechtigte und Erbersatzanspruchsberechtigte sowie derjenige, der den Anspruch dieser Gläubiger gepfändet hat), ist berechtigt, beim Nachlassgericht eine Inventarfrist für den Erben zu beantragen (BayObLGZ 8, 261). Dem Erben ist anzuhören (Ddorf FamRZ 18, 1355). Nicht antragsberechtigt ist der nach § 1973 ausgeschlossene Gläubiger, der ihm nach § 1974 Gleichgestellte (hM Staud/Dobler § 1994 Rz 8; aA Soergel/Zieglertein § 1994 Rz 3 mwN) sowie der Miterbe nach § 2063 II (Ddorf ZEV 15, 100), auch wenn er zugleich Nachlassgläubiger ist, er kann bereits als Erbe nach § 1993 das Inventar errichten (KG Rpfleger 1979, 136; aA MüKo/Küpper § 1994 Rz 3).

II. Kosten.

 

Rn 7

Die Kosten der Fristbestimmung ergeben sich aus KV Nr 12411 GNotKG und treffen nur den Antragsteller (§ 22 GNotKG).

III. Fristbestimmung.

 

Rn 8

Die Frist wird ohne Rücksicht auf einen aktiven oder werthaltigen Nachlass bestimmt (Staud/Dobler § 1994 Rz 19). Sie soll mindestens einen, höchstens drei Monate betragen, liegt iÜ im Ermessen des Gerichts (München FamRZ 19, 1743). Verstirbt der Erbe vor Ablauf der Frist, endet sie nicht vor Ablauf der für die Erbschaft vorgeschriebenen Ausschlagungsfrist, § 1998.

 

Rn 9

Eine Fristsetzung ist nicht möglich gegen den Fiskus, § 2011, Nachlasspfleger oder Nachlassverwalter, § 2012 und ist unzulässig in den Fällen des § 2000 2, 3 (Erman/Horn § 1994 Rz 5).

 

Rn 10

Die Fristbestimmung erfolgt durch Beschl des Rechtspflegers beim Nachlassgericht gem § 3 Nr 2c RPflG. Der Erbe ist anzuhören (BayObLG NJW-RR 92, 1159 [BayObLG 26.05.1992 - 1 Z BR 2/92]). Die Frist kann verlängert, § 1995 und nach § 1996 neu festgesetzt, aber nicht mehr vAw zurückgenommen werden. Der Beschl bindet im Hinblick auf die Verlängerung der Frist, sodass eine erneute Prüfung der Voraussetzungen nicht vorgenommen wird (München FamRZ 19, 1743).

C. Rechtsmittel.

 

Rn 11

Der Erbe kann gegen die Fristbestimmung und die Ablehnung der Fristverlängerung oder Neugewährung sofortige Beschwerde einlegen, §§ 360, 63 FamFG, mit der er zB geltend machen kann, dass das Inventar bereits eingereicht ist (Hamm NJW 62, 53 [OLG Hamm 27.10.1961 - 15 W 418/61]). Dabei beginnt die Beschwerdefrist für alle Nachlass...

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