Gesetzestext

 

(1) Zur Anfechtung ist derjenige berechtigt, welchem die Aufhebung der letztwilligen Verfügung unmittelbar zustatten kommen würde.

(2) Bezieht sich in den Fällen des § 2078 der Irrtum nur auf eine bestimmte Person und ist diese anfechtungsberechtigt oder würde sie anfechtungsberechtigt sein, wenn sie zur Zeit des Erbfalls gelebt hätte, so ist ein anderer zur Anfechtung nicht berechtigt.

(3) Im Falle des § 2079 steht das Anfechtungsrecht nur dem Pflichtteilsberechtigten zu.

A. Grundsatz.

 

Rn 1

Das Anfechtungsrecht entsteht mit dem Erbfall. Anfechten kann, wer durch die Nichtigkeit der angefochtenen Verfügung unmittelbar einen rechtlichen Vorteil erlangt. Der Vorteil kann in einer Begünstigung (zB Erbschaft, Vermächtnis, Gestaltungsrecht etwa nach § 2341, BGH NJW 91, 169 [BGH 26.09.1990 - IV ZR 131/89], Befugnis zur Verfügung über den Nachlass oder Verwaltung des Nachlasses) oder im Wegfall einer Beschwer (zB Vermächtnis, Auflage, Testamentsvollstreckung) liegen. Eine entspr Behauptung allein genügt nicht (BGH NJW 85, 2025 [BGH 08.05.1985 - IVa ZR 230/83]). Es ist deshalb zur Begründung des Anfechtungsrechts die Rechtslage, die sich nach wirksamer Anfechtung ergäbe, mit der gegenwärtigen Rechtlage zu vergleichen. Zur Anfechtungsberechtigung des Erblassers selbst iRv Erbverträgen und Ehegattentestamenten s § 2281.

 

Rn 2

Unmittelbar wird der Vorteil nur erlangt, wenn nicht das Dazwischentreten weiterer Umstände erforderlich ist und daher nur eine verbesserte Erwerbsaussicht erstrebt wird. Hängt der Eintritt des Vorteils von einem Umstand ab, der sich rechtlich auf den Erbfall auswirkt (zB Ausschlagung, Anfechtung, Erbunwürdigkeitserklärung), dann liegt Unmittelbarkeit vor, sofern die Ausschlagung erklärt wird, die Anfechtung Erfolg hat oder die Erbunwürdigkeitserklärung ergeht (BeckOKBGB/Litzenburger § 2080 Rz 3).

 

Rn 3

Eine Erbeinsetzung kann hiernach ggf von Ersatzerben (§ 2096), Miterben (§ 2094) oder durch die gewillkürte Erbfolge ausgeschlossenen gesetzlichen Erben angefochten werden, die Vorerbschaft darüber hinaus vom Nacherben, der auch die Befreiung des Vorerben (§ 2136) anfechten kann. Vermächtnis und Auflage als solche kann der jeweils Beschwerte anfechten. Darüber hinaus sind Ersatz- oder Mitvermächtnisnehmer anfechtungsberechtigt. Auseinandersetzungsverbot (§ 2044) oder Teilungsanordnung (§ 2048) können die damit belasteten Erben anfechten, Enterbung und Pflichtteilsentziehung die jeweils Betroffenen. Akte nach §§ 2253 ff können durch die in der widerrufenen Verfügung Begünstigten, denen diese Begünstigung entzogen worden ist, die Anordnung der Testamentsvollstreckung durch die Erben angefochten werden.

 

Rn 4

Das Anfechtungsrecht ist vererblich (Ddorf FamRZ 99, 1461, 1463). Es kann als unselbstständiges Gestaltungsrecht nicht isoliert übertragen werden (§§ 851 ZPO, 413). Als höchstpersönliches Recht geht es auch nicht auf den Erbschaftskäufer über (Staud/Otte § 2080 Rz 19; Soergel/Loritz/Uffmann § 2080 Rz 20). Es ist unpfändbar (§§ 851 I, 857 I ZPO) und gehört nicht zur Insolvenzmasse. Wohl aber können Gläubiger auf die Rechtspositionen zugreifen, die der Anfechtungsberechtigte infolge der Anfechtung erhalten hat oder erhalten wird.

B. Beschränkungen.

 

Rn 5

Im Fall der Anfechtung wegen Irrtums oder enttäuschter Erwartung nach § 2078 schließt § 2080 II das Anfechtungsrecht anderer aus, wenn die betroffene Person selbst gem § 2080 I anfechtungsberechtigt ist oder vor dem Erbfall stirbt (bei Versterben nach dem Erblasser geht das Anfechtungsrecht dagegen auf die Erben des Anfechtungsberechtigten über), oder die Verfügung bestehen lassen möchte (BayObLG NJW-RR 02, 727 [BayObLG 14.02.2002 - 1 Z BR 54/01]: Dritte sollen hier keinen Vorteil ziehen können).

 

Rn 6

Das Recht, eine Verfügung nach § 2079 anzufechten, steht ausschl dem übergangenen oder später hinzugekommenen Pflichtteilsberechtigten selbst zu (§ 2080 III); etwas anderes gilt jedoch bei Ehegattentestamenten und Erbverträgen (§ 2281). Stirbt der Pflichtteilsberechtigte vor dem Erblasser, so entfällt der Anfechtungsgrund. Bei Versterben nach dem Erblasser geht das Anfechtungsrecht auf die Erben des übergangenen oder später hinzugekommenen Pflichtteilsberechtigten über (MüKo/Leipold § 2080 Rz 9, 17).

 

Rn 7

Zur Beschränkung des Anfechtungsrechts iRv Erbverträgen und Ehegattentestamenten s § 2285.

 

Rn 8

Hat der Erblasser zu Lebzeiten von der Anfechtbarkeit seiner Verfügung Kenntnis erlangt, so kann er die Verfügung bestätigen (§ 144 I) und auf diese Weise das Anfechtungsrecht der nach § 2080 anfechtungsberechtigten Personen ausschließen (Soergel/Loritz/Uffmann § 2080 Rz 23; Staud/Otte § 2080 Rz 24). Dagegen verfängt nicht die Behauptung, der Erblasser habe kein Anfechtungsrecht und könne deshalb die anfechtbare Verfügung nicht bestätigen, sondern müsse eine neue, willensmängelfreie Verfügung (BayObLG RPfleger 75, 242) oder eine Erklärung, die alte Verfügung solle trotz Willensmangels gelten (Hamm FamRZ 94, 1062, 1065), formgerecht errichten.

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