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Die Europäische Erbrechtsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.7.12, ABl. C 44 vom 11.2.11 S 148, künftig nur: VO) gilt für alle Erbfälle, die ab 17.8.15 eintreten. Sie vereinheitlicht weder das materielle Erbrecht noch (mit Ausnahme des Europäischen Nachlasszeugnisses) das Verfahrensrecht. Sie enthält Kollisionsrecht, indem sie das materielle Erbrecht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers beruft (Art 21 I VO) und die internationale Zuständigkeit der Gerichte dieses Staates für Entscheidungen in Erbsachen für den gesamten Nachlass statuiert (Art 4 VO). Der Erblasser kann zwar für die Rechtsnachfolge von Todes wegen eine Rechtswahl zugunsten des Rechtes des Staates treffen, dem er im Zeitpunkt seiner Rechtswahl oder bei seinem Tode angehört (Art 22 I VO); dies ist dem deutschen Erblasser dringend zu empfehlen, wenn er seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat oder zu nehmen gedenkt, da viele Mitgliedsstaaten das Institut der gestaffelten Erbfolge nicht kennen oder sogar ausdrücklich verbieten. Die internationale Zuständigkeit der Nachlassgerichte kann der Erblasser freilich nicht beeinflussen; dies können nur ›die Beteiligten‹ durch Vereinbarung (Art 5 I VO), hier also wohl Vor- und Nacherben. Es wird deshalb empfohlen, dass der Erblasser ihnen letztwillig zur Auflage macht, einen deutschen Gerichtsstand zu vereinbaren (Lehmann ZEV 15, 309, 314). Dadurch wird auch vermieden, dass sich das Gericht eines anderen Mitgliedsstaates an dem ihm unbekannten Rechtsinstitut versucht und es womöglich gar dem ordre public (Art 35 VO) unterwirft.

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