I. Auslegungsregel.

 

Rn 1

Sie greift ein, wenn der Vorerbe den Erblasser nicht überlebt hat oder aus einem anderen Grund wegfällt (Ausschlagung usw). Sie setzt voraus, dass der als Nacherbe Eingesetzte schon lebt oder gezeugt ist. Ansonsten kann er gem § 1923 nicht Ersatzerbe werden, bleibt aber als Nacherbe berufen (s § 2101 Rn 1).

 

Rn 2

Sie greift auch ein, wenn sich Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig als Vorerben und einen oder mehrere Dritte, etwa ihre Abkömmlinge, als Nacherben einsetzen ohne ausdrücklich zu bestimmen, wer Erbe des zuletzt versterbenden Ehegatten sein soll (BGH FamRZ 87, 475, 476), was oft übersehen wird. Der Dritte ist nicht nur Nacherbe des zunächst verstorbenen Ehegatten, sondern kann auch Vollerbe des länger lebenden Ehegatten sein, nämlich als Ersatzerbe für den zunächst verstorbenen Ehegatten (BGH ZEV 99, 26). Gleichwohl bleibt in jedem Fall zu prüfen, ob die Auslegungsregel des § 2102 I widerlegt ist, ebenso, ob diese Testamentsklausel wechselbezüglich ist. Ist auch der als Nacherbe eingesetzte Dritte vor dem längerlebenden Ehegatten verstorben, so stellt sich die ungeklärte Frage, ob zugunsten der Abkömmlinge des ersteren die Zweifelsregeln aus § 2069 und § 2102 I kombiniert werden dürfen (Schlesw NJW-RR 14, 73 [OLG Schleswig 12.08.2013 - 3 Wx 27/13]).

II. Widerlegung.

 

Rn 3

Sie verlangt die Feststellung eines Erblasserwillens, wonach der Nacherbe nur als Nacherbe berufen sein soll. Dies wird häufig der Fall sein, wenn die Vor- und Nacherbschaft nicht mit Rücksicht auf die Person des Vorerben, sondern auf die des Nacherben angeordnet ist, insb wenn der Nacherbfall mit einem bestimmten Ereignis in der Person des Nacherben (Lebensalter, Heirat, Prüfung) eintritt.

 

Rn 4

Die Beweislast für die Widerlegung der Auslegungsregel trägt, wer Rechte daraus herleitet, dass der Nacherbe nicht auch zum Ersatzerben eingesetzt ist. Ist die Auslegungsregel widerlegt, so treten die gesetzlichen Erben des Erblassers als Vorerben ein (§ 2105 I).

III. Keine Umkehrbarkeit.

 

Rn 5

Der Ersatzerbe ist im Zweifel nicht auch Nacherbe (§ 2102 II). Indessen bleibt die Möglichkeit offen, dass der Erblasser laienhaft von dem einen Institut gesprochen, aber das andere gemeint hat (s Rn 7).

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