Gesetzestext

 

(1) Wird dem Vorerben die Verwaltung nach der Vorschrift des § 1052 entzogen, so verliert er das Recht, über Erbschaftsgegenstände zu verfügen.

(2) 1Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung. 2Für die zur Erbschaft gehörenden Forderungen ist die Entziehung der Verwaltung dem Schuldner gegenüber erst wirksam, wenn er von der getroffenen Anordnung Kenntnis erlangt oder wenn ihm eine Mitteilung von der Anordnung zugestellt wird. 3Das Gleiche gilt von der Aufhebung der Entziehung.

A. Grundsatz.

 

Rn 1

Die Vorschriften enthalten weitere Sicherungsrechte zugunsten des Nacherben. Er kann vom Vorerben Sicherheit verlangen (§ 2128 I) und, wenn diese unterbleibt, ihm die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis entziehen lassen (§ 2128 II iVm § 1052); dies löst die Rechtsfolgen des § 2129 aus. Das Verlangen kann auch von einem Nacherben für alle gestellt werden; s § 2121 Rn 2. Befreiung nach § 2136 ist möglich.

B. Voraussetzungen.

 

Rn 2

Voraussetzung ist entweder ein Verhalten des Vorerben, das die Besorgnis einer erheblichen Verletzung der Nacherbenrechte begründet. Dieses Verhalten braucht nicht pflichtwidrig zu sein (Staud/Avenarius § 2128 Rz 3; aA MüKo/Lieder § 2128 Rz 2), erst recht nicht schuldhaft oder gar arglistig. Es muss nur objektiv die Besorgnis einer erheblichen Verletzung der Nacherbenrechte rechtfertigen. In Betracht kommt die unordentliche Verwaltung des Nachlasses (s § 2127 Rn 2), aber auch die des eigenen freien Vermögens des Vorerben (Soergel/Harder/Wegmann § 2128 Rz 2).

 

Rn 3

Voraussetzung ist alternativ eine ungünstige Vermögenslage des Vorerben, die die Besorgnis einer erheblichen Verletzung der Nacherbenrechte begründet. Wann diese ungünstige Vermögenslage eingetreten ist, ist unerheblich. Die Besorgnis kann sich insb aus drohendem Zugriff der Eigengläubiger des Vorerben auf den Nachlass ergeben, unabhängig davon, ob dieser nach § 2115 unwirksam wäre.

C. Sicherheitsleistung.

 

Rn 4

Für die Art und Weise gelten §§ 232 ff. Die Höhe wird vom Gericht festgesetzt; maßgebend sind der Nachlasswert (RGRK/Johannsen § 2128 Rz 7) und das Ausmaß der Gefährdung (Staud/Avenarius § 2128 Rz 8). Sinnvollerweise muss der Vorerbe die Sicherheit aus seinem eigenen Vermögen leisten. Die Hinterlegung von Nachlassgegenständen, insb Wertpapieren, gem § 232 reicht jedoch, wenn gerade diese gefährdet sind (Staud/Avenarius § 2128 Rz 9).

D. Entzug der Verwaltung.

 

Rn 5

Nach fruchtloser Fristsetzung (schon im Urt, § 255 II ZPO) kann das Vollstreckungsgericht dem Vorerben die Verwaltung des Nachlasses entziehen (§§ 2128 II, 1052). Damit verliert der Vorerbe das allg Verwaltungsrecht und die Verfügungsbefugnis (§ 2129 I) über den Nachlass. Beides geht auf einen vom Vollstreckungsgericht zu bestellenden Verwalter über; für die Verwaltung gelten §§ 146 ff ZVG analog (s § 1052 Rn 2).

 

Rn 6

Vorab kann der Nacherbe durch Arrest oder einstweilige Verfügung vorläufige Sicherungsmaßnahmen erwirken, die bis zum vorläufigen Entzug des Verwaltungsrechts und der Verfügungsbefugnis des Vorerben gehen können (Soergel/Harder/Wegmann § 2128 Rz 5).

E. Rechtsfolgen.

 

Rn 7

Der Vorerbe ist verpflichtet, den Nachlass dem Verwalter herauszugeben. Der Beschl über den Entzug des Verwaltungsrechts ist insoweit ein Vollstreckungstitel zugunsten des Verwalters gegen den Vorerben. Der Vorerbe behält aber den Anspruch auf die Nutzungen. Der Verwalter übt das Verfügungsrecht aus und hat dabei (nur) die Befugnisse des Vorerben. Zustimmungsvorbehalte des Nacherben bleiben also bestehen.

 

Rn 8

§ 2129 II schützt den guten Glauben des Dritten, der vom Vorerben in Unkenntnis des Verlustes von dessen Verfügungsmacht einen Gegenstand aus dem Nachlass erworben hat. Bei beweglichen Sachen darf die Unkenntnis nicht auf grober Fahrlässigkeit beruhen (§ 932 II). Im Grundbuch kann – und muss auf Antrag des Nacherben – der Entzug der Verfügungsbefugnis eingetragen werden, was den gutgläubigen Erwerb verhindert; bei Grundstücken schadet dem Erwerber ansonsten nur die positive Kenntnis vom Verlust der Verfügungsmacht (§ 892 I). Ungenügend wäre ein Vertrauen des Dritten auf einen Erbschein zugunsten des Vorerben, da dieser den Entzug der Verfügungsbefugnis nicht ausweist. Die Rechtsstellung des Schuldners einer zum Nachlass gehörenden Forderung regelt § 2129 II 2 weniger günstig als die §§ 406 ff, da ihm nicht erst die positive Kenntnis vom Verlust der Verfügungsmacht des Vorerben schadet, sondern schon die Zustellung einer entspr Mitteilung, die er nicht zur Kenntnis genommen zu haben braucht.

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