Rn 1

Zurückzutreten oder zu mindern ist kein Anspruch gegen einen anderen als Schuldner (§ 194 I), sondern als einseitige Befugnis ein Gestaltungsrecht (§ 194 Rn 6). Erst durch Ausübung des Rücktrittsrechts (§ 349) wandelt sich das bisherige Vertragsverhältnis in ein Rückgewähr- oder Abwicklungsschuldverhältnis, entsteht also zB der Anspruch aus § 346 I, der seinerseits nach §§ 195, 199 (BGH NJW 07, 674 [BGH 15.11.2006 - VIII ZR 3/06] Rz 34) verjähren kann. Um die Ausübungsmöglichkeit zeitlich zu begrenzen (BGH NJW 10, 1284 [BGH 08.12.2009 - XI ZR 181/08] Rz 40) und dadurch die erstrebte Rechtssicherheit zu erreichen (§ 194 Rn 3) erklärt § 218 I die Ausübung für unwirksam, wenn der (ggf hypothetische, vgl S 2) Anspruch auf die Leistung bzw der Nacherfüllungsanspruch zur Zeit der Ausübung verjährt ist (zu ›Dieselfällen‹ BGH 26.1.21 – VIII ZR 368/19; München 15.10.20 – 23 U 2640/19 Rz 24; Köln 27.8.20 – 12 U 174/19); die Verjährung des Leistungsanspruchs schlägt auf das Gestaltungsrecht durch; dieses durch die Anknüpfung an die Verjährung des Nacherfüllungsanspruchs (zB § 437 Nr 1, § 439) an die Fristen des § 438 Abs 1–3 gebunden (BGH 25.10.18 – V ZR 99/18). Vorausgesetzt ist also, dass der Rücktritt wegen Verletzung eines solchen Anspruchs erklärt wird, der seinerseits verjähren kann (Köln 4.10.11 – 16 W 29/11). Mangels solcher verjährbaren Leistungsansprüche gilt § 218 nicht für das Rücktrittsrecht aus § 324 (Erman/Schmidt-Räntsch Rz 3; aA MüKo/Gaier Vorb §§ 346 Rz 9). Wirkung ist, dass der Rücktritt ex nunc unwirksam ist und der zunächst durch Ausübung des Rücktritts umgestaltete Vertrag mit seinen ursprünglichen Leistungspflichten wiederauflebt. Bspw entfällt ein Anspruch aus § 346 I und wird wieder der vereinbarte und nicht der geminderte Kaufpreis bzw Werklohn geschuldet. Insoweit kommt der Berufung auf die Unwirksamkeit Gestaltungswirkung zu (sog ›Gestaltungsverjährung‹). Den Schuldner als Rücktrittsgegner, der dem Zurücktretenden zuvor etwas zur Rückabwicklung geleistet hatte, trifft II iVm § 214 II. Für den Gläubiger und Rücktrittsberechtigten gilt das entspr (MüKo/Grothe Rz 8; aA Grüneberg/Ellenberger Rz 6). Die Wirkung wird aber nicht vAw berücksichtigt, sondern wie die Verjährungseinrede nur, wenn auch das ›sich berufen‹ im Prozess vorgetragen wird (§ 214 Rn 1).

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