Rn 1

Der oft sehr weiten ›Herrschaft‹ des Testamentsvollstreckers über den Nachlass, insb gem § 2205, entspricht die Pflicht nach § 2216 I, die Verwaltung ordnungsgemäß zu führen. Hiervon kann der Erblasser den Testamentsvollstrecker nicht befreien (§ 2220), und die Erben (BGHZ 25, 275, 280) sowie konsequenterweise die Vermächtnisnehmer, denen ggü die Verpflichtung besteht, können deren Erfüllung (mit einem konkreten Antrag) im Klagewege oder mit einstweiligem Rechtsschutz (Schleswig ZEV 10, 368 [OLG Schleswig 09.03.2010 - 3 W 29/10]), allerdings nicht nach § 49 FamFG (Karlsr ZEV 13, 205 [OLG München 26.03.2012 - 34 Wx 199/11]), erzwingen. Wichtiger noch als die unmittelbare Klagbarkeit ist die Schadensersatzsanktion nach § 2219. Außerdem ist der Verstoß gegen die Pflichtgemäßheit der Verwaltung ein Grund, den Testamentsvollstrecker nach § 2227 zu entlassen. Verfügungen über Nachlassgegenstände, die nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, sind aber idR gültig. Nur soweit der Empfänger den Missbrauch der Amtsmacht erkannt hat oder hätte erkennen müssen, ist die Verfügung unwirksam (Staud/Dutta Rz 27 mwN).

 

Rn 2

Der Standard einer ›ordnungsgemäßen Verwaltung‹ ist recht unbestimmt und lässt daher dem Testamentsvollstrecker ein beträchtliches Ermessen (vgl BGH NJW 87, 1070 [BGH 03.12.1986 - IVa ZR 90/85]). Das Leitbild der Testamentsvollstreckertätigkeit hat sich mit den allg wirtschaftlich-ethischen Vorstellungen gewandelt. Während zur Zeit des Inkrafttretens des BGB noch eher der ›gute Hausvater‹ und allenfalls die ›kaufmännische Vorsicht‹ die Ziele der Verwaltung bestimmten, steht heute der ›dynamische Kaufmann‹ im Blickpunkt (BayObLG ZEV 98, 348). Dies rückt den modernen Testamentsvollstrecker in die Nähe eines Managers oder doch eines professionellen Vermögensverwalters. Jedenfalls muss der Testamentsvollstrecker umsichtig Risiken und Chancen kalkulieren und dementsprechend handeln (BGH ZEV 95, 110). Bei unternehmerischer Tätigkeit des Testamentsvollstreckers passt die Anwendung der ›Business Judgement Rule‹ (Bartsch Der [unternehmens-]verwaltende Testamentsvollstrecker und seine Haftung, 10, S 187 ff). Steht die reine Vermögensverwaltung im Vordergrund, ist der Testamentsvollstrecker durchaus zur Eingehung eines kalkulierbaren Risikos berechtigt und verpflichtet, um eine angemessene Rendite zu erzielen (NK/Kroiß Rz 3 mwN). Zu berücksichtigen hat er iÜ die Inflationsanfälligkeit, Kosten und Steuern, Liquidierbarkeit und Marktfähigkeit der Anlage im Vergleich zu alternativen Anlagemöglichkeiten (Schmitz ZErb 03, 3 ff). Besondere persönliche Qualifikationen des Testamentsvollstreckers erhöhen die Anforderungen an den einzuhaltenden Standard (BRHP/Lange Rz 7 mwN).

 

Rn 3

Zur Erfüllung seiner Verwaltungsaufgaben im Einzelnen hat der Testamentsvollstrecker zunächst den genauen Inhalt der letztwilligen Verfügung und seiner eigenen Aufgabenbestimmung – wenn nötig, durch Auslegung – zu ermitteln. Sodann hat er den Nachlassbestand festzustellen (vgl § 2215) und zu sichern. Dazu muss er uU Forderungen einklagen, darf aber – insb als Rechtsanwalt – keine überflüssigen oder erkennbar aussichtslosen Prozesse führen. Va bei Dauervollstreckung muss er den Vermögensbestand laufend überprüfen und – soweit erforderlich – für Umschichtungen sorgen, um eine befriedigende Verzinsung zu erreichen. Spekulative Anlagen in gewissem Umfang hat der BGH (NJW 87, 1070 [BGH 03.12.1986 - IVa ZR 90/85]) ausdrücklich gebilligt. Die erzielten Erträge können iRd kaufmännisch Vertretbaren thesauriert werden, müssen aber an die Erben ausgeschüttet werden, wenn diese sie zur Bestreitung eines angemessenen Unterhalts für sich selbst und ihrer Familienangehörigen sowie zur Begleichung von Steuerschulden benötigen (BRHP/Lange Rz 15 mwN). Besonders wichtig ist die richtige Verkaufsstrategie bei der Veräußerung von Nachlassgegenständen, um die Nachlassverbindlichkeiten erfüllen und die Erbengemeinschaft auseinandersetzen zu können. So muss der Testamentsvollstrecker sich um eine günstige Verwertung von Nachlassgrundstücken – etwa durch freihändigen Verkauf – bemühen und darf nicht den bequemen Weg der Teilungsversteigerung wählen, die typischerweise erheblich weniger als den Verkehrswert erbringt (BGH NJW-RR 01, 1369 [BGH 23.05.2001 - IV ZR 64/00]).

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