Gesetzestext

 

(1) Die Selbsthilfe darf nicht weitergehen, als zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist.

(2) Im Falle der Wegnahme von Sachen ist, sofern nicht Zwangsvollstreckung erwirkt wird, der dingliche Arrest zu beantragen.

(3) Im Falle der Festnahme des Verpflichteten ist, sofern er nicht wieder in Freiheit gesetzt wird, der persönliche Sicherheitsarrest bei dem Amtsgericht zu beantragen, in dessen Bezirk die Festnahme erfolgt ist; der Verpflichtete ist unverzüglich dem Gericht vorzuführen.

(4) Wird der Arrestantrag verzögert oder abgelehnt, so hat die Rückgabe der weggenommenen Sachen und die Freilassung des Festgenommenen unverzüglich zu erfolgen.

A. Erforderlichkeit (I).

 

Rn 1

Rechtmäßig ist die zur Gefahrenabwehr objektiv erforderliche (§ 227 Rn 8) und gebotene (§ 227 Rn 9, § 229 Rn 8) – die hM sieht die Grenze im Rechtsmissbrauch (Grüneberg/Ellenberger Rz 1) – Selbsthilfemaßnahme (§ 229 Rn 5). Reicht zB zur Anspruchsdurchsetzung die Identifizierung des Schuldners, so ist ein längeres Festhalten nicht erforderlich. Die Beweislast für die Erforderlichkeit trägt der Gläubiger als der, der sich auf Selbsthilfe beruft.

B. Maßnahmen (II, III).

 

Rn 2

Das Selbsthilferecht vermittelt kein Besitzrecht, insb kein Pfandrecht, sondern dient nur der vorläufigen Sicherstellung. Folgerichtig fordert II die hoheitliche Legitimierung der Besitzlage durch Zwangsvollstreckung bzw dinglichen Arrest (oder einstweilige Verfügung). Dies gilt grds (§ 229 Rn 6) selbst dort, wo ein wirksamer Besitzanspruch existiert, da sonst die Grenzen des § 859 II (Besitzkehr) erweitert würden (aA Erman/Wagner Rz 2). Die fortgesetzte Festnahme des Verpflichteten (III) setzt die Erwirkung des persönlichen Sicherheitsarrests (§§ 918, 920 ZPO) bzw einer Haftanordnung durch einstweilige Verfügung (§§ 935, 940 ZPO) voraus.

C. Ausbleiben hoheitlicher Maßnahmen (IV).

 

Rn 3

Werden die zu beantragenden hoheitlichen Maßnahmen versagt, muss die unverzügliche (§ 121 S 1) Beendigung des durch Selbsthilfe entstandenen Zustands erfolgen, und zwar selbst bei einem Besitzrecht des Gläubigers (str). Auch bei Verzögerung der hoheitlichen Maßnahmen ist der geschaffene Zustand zu beenden; er wird sofort widerrechtlich (IV); eigene Notwehr- oder gar Selbsthilferechte sowie Schadenersatzansprüche (IV ist Schutzgesetz iSv § 823 II) des Verpflichteten können entstehen.

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