Rn 16

Bei Handelsunternehmen ist ihr wirklicher Wert als wirtschaftliche Einheit unter Berücksichtigung der stillen Reserven und des Firmenwerts, nicht der bloße Buchwert anzusetzen (BGH NJW 73, 509 [BGH 17.01.1973 - IV ZR 142/70]; 77, 949 [BGH 09.03.1977 - IV ZR 166/75]; 82, 575). Im Einzelfall hat der Tatrichter die betriebswirtschaftlich angemessene Methode zu wählen (BGH FamRZ 91, 43, 44; 99, 361; 05, 99). Die Bewertung kann sich bei einer zeitnahen Veräußerung nach dem Preis richten (BGH NJW 82, 2497, 2498 [BGH 17.03.1982 - IVa ZR 27/81]; Rn 12). Sonst kommen als Faktoren neben dem Ertrags- und Substanzwert (Rn 13) dem Firmen- und dem Liquidationswert (Barwert der Nettoerlöse aus der Veräußerung aller Vermögenswerte abzgl Schulden und Kosten und Steuern) Bedeutung zu (vgl FAErbR/Hannes Kap 18 Rz 364 ff). IdR wird die Ertragswertmethode angewandt, da der Ertrag der entscheidende Faktor für potenzielle Käufer ist (MüKo/Lange Rz 25; zur Berechnung BGH 6.11.13 – XII ZB 434/12 Rz 36 ff; BeckOKBGB/Müller Rz 33). Der Liquidationswert stellt bei liquidierten (BGH NJW 73, 509, 510) sowie Unternehmen, die am Bewertungsstichtag auch unter Berücksichtigung der Zukunftsaussichten keinen positiven Ertragswert hatten (BGH NJW 82, 2497, 2498 [BGH 17.03.1982 - IVa ZR 27/81]), die Wertuntergrenze dar (vgl BGH MDR 19, 294 [BGH 05.12.2018 - XII ZR 116/17] Rz 26; Staud/Herzog Rz 124). Teils wird allg der Liquidationserlös als Mindesterlös angesehen, da eine unökonomische Betriebsfortführung nicht den Pflichtteil anderer schmälern dürfe (BeckOKBGB/Müller Rz 38), wenigstens wenn der Erbe nicht zur Unternehmensfortführung verpflichtet war (Soergel/Dieckmann Rz 21 mwN; aA BGH NJW 73, 509, 510; FamRZ 86, 776). Das gilt nach der Rspr nur bzgl des nicht betriebsnotwendigen Vermögens (BGH NJW-RR 05, 153, 155: zum Zugewinnausgleich).

 

Rn 17

Bei Personen- oder Partnergesellschaften fällt, wächst der Gesellschaftsanteil den übrigen Gesellschaftern an und wird die Gesellschaft fortgesetzt, ein Abfindungsanspruch (§§ 135 I HGB, 728 I BGB) gegen die Gesellschaft in den Nachlass und ist ein Aktiva iSv I 1 (BGH NJW-RR 87, 989 [BGH 25.05.1987 - II ZR 195/86]). Relevant ist grds der wirkliche Wert der Erblasserbeteiligung (BGH NJW 92, 892). Bei Liquidation richtet er sich nach dem Liquidationserlös (Mayer ZEV 94, 331, 335). Wird die Gesellschaft aufgrund einer Nachfolgeklausel mit Erben fortgesetzt, gehören deren Beteiligungen in den Nachlass (BGH NJW 57, 180 [BGH 22.11.1956 - II ZR 222/55]; 77 [OVG Niedersachsen 12.01.1956 - VI OVG - A 62/55]; 1339; DNotZ 02, 801 [BGH 17.12.2001 - II ZR 31/00]; Staud/Herzog Rz 137). Der Anteilswert ist der prozentuale Anteil am unter Berücksichtigung von Herrschaftsrechten und Beschränkungen grds nach der Ertragsmethode ermittelten Wert des Unternehmens (BGH NJW 85, 192; Michalski/Zeidler FamRZ 97, 397, 399 ff). Problematisch ist die vom BGH noch nicht entschiedene Bewertung, wenn der Gesellschaftsvertrag beim Ausscheiden eines Gesellschafters einen ggü dem Vollwert niedrigeren Klauselwert (zB Buchwertklausel) vorsieht (s MüKo/Lange Rz 33; Staud/Herzog Rz 142 ff). Entspr dem Stichtagsprinzip berechnen einige den Pflichtteilsanspruch nach dem Vollwert der Mitgliedschaft (Jauernig/Stürner Rz 7), obwohl der Erbe ggf nur den Klauselwert realisieren kann. Dabei werden zT Einschränkungen ua dahin gemacht, der Vollwert sei auf den Abfindungsfall auflösend bedingt (Sudhoff NJW 61, 801, 803 f), oder der Erbe habe ein über § 2331a hinausgehendes Leistungsverweigerungsrecht (Siebert NJW 60, 1033, 1036 ff). Andere gehen vom Klauselwert jedenfalls dann aus, wenn der Erbe nach § 139 HGB innerhalb der Frist des § 139 III HGB ausscheidet (Eiselt NJW 81, 2447, 2448 ff), oder gewähren dann ein Anfechtungsrecht nach § 134 InsO, § 4 AnfG (Soergel/Dieckmann Rz 30). Vorzugswürdig scheint es, auf einen Zwischenwert abzustellen, der auf den Stichtag bezogen berücksichtigt, wie sich die eingeschränkte Verwertbarkeit der Beteiligung nach der Verkehrsanschauung auf deren Wert auswirkt (vgl Reimann ZEV 94, 7, 10; zu § 1376 BGH NJW 80, 229, 231; 87, 321, 322 [BGH 01.10.1986 - IVb ZR 69/85]; abl BeckOKBGB/Müller Rz 45).

 

Rn 18

GmbH-Anteile, die nach § 15 GmbHG vererblich sind, sind nach dem gemeinen Wert zu bewerten (MüKo/Lange Rz 27), der von dem Wert des Unternehmens abhängt, das die GmbH betreibt (Soergel/Dieckmann Rz 19). Werden aufgrund von Einziehungsklauseln oder Abtretungsverpflichtungen zulässige Abfindungen gezahlt, sind diese für die Bewertung des Pflichtteilsanspruchs maßgebend (MüKo/Lange Rz 27; Staud/Herzog Rz 153; vgl §§ 10 X, 12 ErbStG).

 

Rn 19

Bei freiberuflichen Praxen ist ihr am Stichtag (Rn 11) nachhaltig vorhandener Wert zu erfassen, der sich in der bis dahin aufgebauten und zum maßgeblichen Zeitpunkt vorhandenen Nutzungsmöglichkeit niederschlägt. Das schließt idR einen über den Substanzwert hinausgehenden immateriellen Wert (good-will, vgl BGH NJW 99, 784 [BGH 25.11.1998 - XII ZR 84/94]) ein. Die besondere Bedeutung des ...

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