Rn 2

Der Erb- und Pflichtteilsverzicht ist ein abstrakter erbrechtlicher Verfügungsvertrag (BGH NJW 57, 1187, 1188; Staud/Schotten Einl zu §§ 2346 ff Rz 15). Damit der künftige Erblasser über die Verteilung seines Vermögens mitentscheiden kann, ist der Verzicht als Vertrag und nicht als einseitige Willenserklärung konzipiert. Der Erbverzicht ist erbrechtlich (BayObLG FamRZ 95, 964, 965), denn in ihm verfügt der Verzichtende mit unmittelbarer Wirkung über seine Rechtsposition in der Weise, dass er nicht Erbe, Vermächtnisnehmer oder Zuwendungsempfänger wird (MüKo/Wegerhoff Rz 2). Er wird behandelt, als hätte er zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt (I 2). Die Wirkungen des Erbverzichts als abstraktes Rechtsgeschäft (BGH NJW 62, 1910, 1912 [BGH 04.07.1962 - V ZR 14/61]) treten unabhängig von einem ihm zu Grunde liegenden Kausalverhältnis (Rn 12 ff) ein (BayObLG ZEV 06, 209, 210; BeckOKBGB/Litzenburger Rz 2; Soergel/Damrau Rz 1). Er ist kein gegenseitiger Vertrag iSd §§ 320 ff (BayObLG FamRZ 95, 964, 965). Er ist, wenn er unentgeltlich erfolgt, keine Schenkung iSd BGB, so dass Anfechtung nach § 129 ff InsO ausscheidet (MüKo/Wegerhoff Rz 5). Der Erbverzicht ist ferner ein Rechtsgeschäft unter Lebenden auf den Todesfall, keine Verfügung vTw (BayObLGZ 81, 30, 34), so dass grds die Vorschriften des Allgemeinen Teils gelten. Daher erfolgt die Auslegung nach §§ 133, 157 (BayObLG Rpfleger 84, 191; Sonderbestimmung: § 2350), die Behandlung von Willensmängeln gem §§ 116 ff, die Anfechtung gem §§ 119 ff (Rn 15) und wird die Teilnichtigkeit nach § 139 beurteilt (BGH NJW 08, 298, 299 zur Frage, ob bei Unwirksamkeit eines Gesamtverzichts zumindest ein isolierter Pflichtteilsverzicht gewollt war). Nach dem Eintritt des Erbfalls kann ein Erbverzicht nicht mehr erfolgen (Kobl FamRZ 93, 1498; Schlesw NJW-RR 97, 1092, 1093).

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