Rn 23

Nach § 1 II Nr 1 PrKG gilt das Verbot des I nicht für Leistungsvorbehaltsklauseln. Diese Klauseln lassen nach der in der Vorschrift enthaltenen Definition hinsichtlich des Ausmaßes der Änderung des geschuldeten Betrages einen Ermessensspielraum, der es ermöglicht, die neue Höhe der Geldschuld nach Billigkeitsgrundsätzen zu bestimmen (BGH NJW 12, 2187 Rz 19). Bei diesen fehlt es nämlich an der verbotenen automatischen Anpassung (vgl zum alten Recht BGHZ 63, 132, 136). Daher darf eine angesprochene Bezugsgröße zwar Voraussetzung der Neufestsetzung, nicht aber deren alleiniger Maßstab sein. Die Anpassung erfolgt regelmäßig durch einseitige Leistungsbestimmung des Gläubigers gem §§ 315 ff (BGH NJW 12, 2187 Rz 19); die Auslegung kann aber auch ergeben, dass die Leistungsbestimmung durch Urt (BGHZ 71, 276, 282 f) oder durch einen Schiedsgutachter (vgl Bulla BB 76, 389) erfolgen soll. Ob diese zu § 3 WährG aF ergangene Rspr noch Bestand hat, oder ob es auf den Ermessensspielraum nicht mehr ankommt, ist zweifelhaft (Reul MittBayNot 07, 445, 446 f).

 

Rn 24

Auch Spannungsklauseln fallen bereits aus dem Tatbestand von § 1 I PrKG heraus. Zwar wirken sie automatisch, jedoch sind – entspr der Definition in § 1 II Nr 2 PrKG – die Bezugsgrößen mit den zu vergütenden Gütern oder Leistungen im Wesentlichen gleichartig oder zumindest vergleichbar (stRspr, zuletzt BGH NJW 06, 2978, 2979). Eine solche Gleichartigkeit liegt etwa vor bei der Anknüpfung der Entwicklung von Gehältern, Ruhegehältern oder familienrechtlichen Ausgleichszahlungen an Beamtenbesoldung oder Tariflöhne (BAG DB 77, 503 [BAG 13.10.1976 - 3 AZR 606/75]; BGH NJW 80, 1741 [BGH 08.10.1979 - II ZR 177/78]; Reul MittBayNot 07, 445, 447) oder der Bindung von Miet- oder Pachtzinsen an die Preis- oder Wertentwicklung für vergleichbare Objekte (BGH NJW-RR 86, 877; München NJW-RR 94, 469), während deren Bindung an die Entwicklung der Löhne und Gehälter (BGHZ 14, 306, 311; NJW 83, 1909) oder den Verbraucherpreisindex (unrichtig Celle NZM 08, 301, 302) nicht zur Unanwendbarkeit von § 1 I PrKG führt. Weder gleichartig noch miteinander vergleichbar sind auch nach Einheitspreisen abgerechnete Werkleistungen mit der Bezugsgröße des Lohns einer bestimmten Lohngruppe für Arbeitsleistungen (BGH NJW 06, 2978, 2979 [BGH 08.06.2006 - VII ZR 13/05] [für eine sog Pfennigklausel]). Eine Anbindung des Gaspreises an den Preis für leichtes Heizöl in AGB verstößt gegen § 307 (BGH 24.3.10, VIII ZR 178/08, nv).

 

Rn 25

Aus denselben Gründen sind auch Kostenelementeklauseln schon nach § 1 II Nr 3 PrKG nicht verboten; dabei handelt es sich um Klauseln, die an die Entwicklung der Selbstkosten des Gläubigers anknüpfen. Nicht verboten ist dies freilich nur insoweit, als die Selbstkosten des Gläubigers unmittelbar beeinflusst werden, also nur im Umfang des Anteils der betreffenden Kostenfaktoren an den Gesamtkosten (Morsch BB 04, 1803, 1806): Lediglich die effektiv entstehenden Kostenveränderungen sollen sich dabei anteilig auf den Preis des Endprodukts auswirken (BGH NJW 06, 2978, 2979 [BGH 08.06.2006 - VII ZR 13/05] [verneint für die verbreitete ›Pfennigklausel‹]). Eine unangemessene Kostenumlage macht die Klausel genehmigungspflichtig (BGH VII ZR 189/08, 9.12.10, nv [zu § 3 WährG]) und zugleich regelmäßig genehmigungsunfähig.

 

Rn 26

Erst mit der Neufassung der Regelung 2007 ist die Ausnahme des § 1 II Nr 4 PrKG ausdrücklich aufgenommen worden: Klauseln, die lediglich zu einer Ermäßigung der Geldschuld führen können und damit der Preisstabilität nicht abträglich sind, unterfallen nicht dem Verbot nach I. Teilweise werden Zweifel an der systematischen Einordnung der Ausnahme in § 1 II PrKG geäußert (Kirchhoff DNotZ 07, 913, 919).

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