Gesetzestext

 

Ist eine Schuld nach Gesetz oder Rechtsgeschäft zu verzinsen, so sind vier vom Hundert für das Jahr zu entrichten, sofern nicht ein anderes bestimmt ist.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

§ 246 gewährt keinen eigenständigen Zinsanspruch, sondern bestimmt lediglich den Inhalt einer bereits anderweitig durch Gesetz oder Vertrag begründeten Zinsschuld. Die Vorschrift findet nur dann Anwendung, wenn gesetzlich oder vertraglich nichts anderes bestimmt ist (NK/Bergdolt § 246 Rz 1 [Auffangtatbestand]). Anwendungsfälle des § 246 sind etwa die Verzinsung von Aufwendungen (§ 256), die vorzeitige Zahlung bei Teilzahlungsgeschäften (§ 504 [bis 11.6.10]), der Werklohn (§ 641), die Nutzung fremden Geldes (§§ 668, 698), die verschärfte Herausgabehaftung (§ 820) sowie die Verzinsung einer Ersatzsumme (§ 849). Auch außerhalb des BGB finden sich entspr Vorschriften, etwa § 169 InsO (BGHZ 166, 215 Rz 28–31). In korrigierender Auslegung seines Wortlauts wird auch § 20 GmbHG richtigerweise als Verweis auf § 246 verstanden (s.a. § 288 Rn 4).

 

Rn 2

Bei der Funktion des Zinses ist danach zu unterscheiden, ob dieser dem Ausgleich eines Schadens oder einer Bereicherung dient; die Funktionszuordnung gibt Aufschluss darüber, welcher Posten durch den als Zins zu zahlenden Betrag ersetzt werden soll und ist deshalb ein Ansatzpunkt für die Bestimmung der gesetzlichen Zinshöhe (vgl en detail Königer Bestimmung der gesetzlichen Zinshöhe 43 ff; s.u. Rn 7, Rn 9). Eine schadensersatzrechtliche Funktion kommt dem Zins etwa beim Anspruch auf Verzinsung einer Geldschuld im Verzug des Schuldners nach § 288 I, II zu (RGZ 92, 283, 284; BGHZ 74, 231, 234 f; 77, 60, 62). Ist der Zinsanspruch hingegen darauf gerichtet, bei dem Schuldner den Gewinn abzuschöpfen, den dieser aus der Verfügungsmöglichkeit über das Kapital der Vermutung nach gezogen hat, so hat er bereicherungsrechtliche Funktion: Dies galt etwa für § 347 S 3 aF; letztlich ist auch der niedrige Zinssatz bei § 246 nur mit der Vorstellung des Ausgleiches einer in Form der Möglichkeit der Kapitalnutzung eingetretenen Bereicherung zu erklären.

B. Anwendungsvoraussetzungen.

 

Rn 3

§ 246 setzt eine zu verzinsende Schuld voraus. Als solche kommt praktisch zwar nur eine Geldschuld in Betracht (s hierzu §§ 244, 245 Rn 8–11), theoretisch können aber kraft rechtsgeschäftlicher Vereinbarung auch andere, auf die Leistung vertretbarer Sachen gerichtete Schulden verzinslich sein; der Wortlaut des § 246 ist zumindest nicht auf Geldschulden beschränkt (Schmidt Geldrecht, § 246 Rz 10).

I. Zinsschuld.

 

Rn 4

Eine Zinsschuld liegt vor, wenn das betreffende Schuldverhältnis ausdrücklich durch Gesetz oder Rechtsgeschäft auf die Leistung von Zinsen gerichtet ist (Jauernig/Mansel § 246 Rz 5). Sie ist eine sich ständig erneuernde Nebenschuld (BGH LM Nr 2 zu § 248), da sie immer neben eine (verzinsliche) Hauptschuld tritt; zwar kann auch die Zahlung von ›Zinsen‹ ohne bestehende Hauptschuld vereinbart werden, allerdings handelt es sich dann nicht um eine Zinsschuld im von § 246 gemeinten Sinne, sondern um eine Rentenschuld (s Rn 6). Die Zinsschuld ist insoweit akzessorisch, als sie in ihrer Entstehung von der Hauptschuld abhängig ist (Ausnahme für Zinsscheine in § 803). Auch erfassen Sicherheiten der Hauptschuld die Zinsschuld mit (s §§ 1118, 1192, 1210, 1289; Jauernig/Mansel § 246 Rz 5; zur Bürgschaft s § 767 Rn 3). Hinsichtlich ihres Fortbestandes jedoch ist die Zinsschuld selbstständig: Sie kann isoliert und damit ohne die Hauptforderung abgetreten, ge- und verpfändet sowie gesondert eingeklagt werden und unterliegt einer eigenständigen Verjährung (vgl einschr hierzu § 217; RGZ 94, 137 f; jurisPK-BGB/Toussaint § 246 Rz 28 [Formelle Selbstständigkeit]). Für die Zinsen eines entgeltlichen Darlehens ergibt sich hingegen aus § 488, dass diese im Gegenseitigkeitsverhältnis (§§ 320 ff) zur Kapitalüberlassung stehen (Jauernig/Mansel § 488 Rz 18), weshalb für sie weder der Grundsatz der Akzessorietät noch § 217 gilt (Müller WM 02, 465, 469 f).

II. Zinsbegriff.

 

Rn 5

Das BGB selbst definiert den Begriff des Zinses nicht. Heute gebräuchlich (grundl Canaris NJW 78, 1891, 1892; ihm folgend etwa BGH NJW 79, 540, 541; 805, 806 [BGH 09.11.1978 - III ZR 21/77]; Jauernig/Mansel § 246 Rz 2; Staud/Blaschczok [1997] § 246 Rz 6) ist folgende Definition: Danach sind Zinsen eine gewinn- und umsatzunabhängige, laufzeitabhängige, in Geld oder anderen vertretbaren Sachen zu entrichtende Vergütung für die Möglichkeit des Gebrauchs von Kapital. Die Voraussetzung der ›wiederkehrenden Entrichtung‹ findet sich in dieser Definition zu Recht nicht mehr – die hierauf bedachte frühere Rspr bedingte eine zu starke Verengung des Zinsbegriffs (zB RGZ 168, 284, 285; s Jauernig/Mansel § 246 Rz 2). Auch ist es nicht erforderlich, dass die Zinsen einen ›im Voraus bestimmten Bruchteil‹ des Kapitals ausmachen; vielmehr kann die Zinshöhe von wechselnden Umständen, wie etwa dem Basiszinssatz (s § 247) abhängen (BGH LM § 247 Nr 2; Grüneberg/Grüneberg § 246 Rz 2). Obwohl als Kapital zumeist lediglich Geld angesehen wird, kommen hierfür auch sonstige vertretbare S...

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