Rn 5

Wie bei der Wahlschuld ist auch bei der Gattungsschuld der Leistungsgegenstand zunächst relativ unbestimmt, doch wählt der Schuldner bei der Gattungsschuld aus einer Menge gleichartiger Gegenstände, bei der Wahlschuld hingegen aus einer Menge verschiedener, individuell bestimmter Gegenstände aus (Grüneberg/Grüneberg § 262 Rz 4; Staud/Bittner/Kolbe § 262 Rz 4; ausf Wiese 7 ff). Entscheidend für die Abgrenzung ist der Parteiwille. Hat zumindest eine der Parteien an der endgültigen Entscheidung über den konkreten Leistungsgegenstand noch ein besonderes Interesse, ist also der Bestimmungsakt für eine der Parteien bedeutsam, liegt Wahlschuld vor. Kommt es den Parteien hingegen nicht auf die Auswahl und damit auch nicht auf die individuelle Beschaffenheit der Stücke, sondern nur auf die Gattungseigenschaft an, liegt Gattungsschuld vor (Rabl Gefahrtragung 345 f). Indizien für das Vorliegen einer Wahlschuld sind daher kleine Mengen, individuell bezeichnete Gegenstände und unvertretbare (§ 91) Sachen (MüKoBGB/Krüger § 262 Rz 5). Die Abgrenzung der Wahlschuld von der Gattungsschuld ist notwendig, weil der Schuldner bei der Gattungsschuld Sachen mittlerer Art und Güte auszuwählen hat (§ 243 I), bei der Wahlschuld aber in den Grenzen des § 242 frei ist (§ 263 Rn 3) und die Ausübung des Wahlrechts zur rückwirkenden Konkretisierung führt (§ 263 II), bei der Gattungsschuld nur zu einer Wirkung ex nunc (vgl § 243 II, Staud/Bittner/Kolbe § 262 Rz 4).

 

Rn 6

Beim Spezifikationskauf kann der Gläubiger die nähere Bestimmung über Form, Maß oder ähnl Verhältnisse der Kaufsache treffen (§ 375 HGB). Es handelt sich dabei um eine Schuld mit Bestimmungsvorbehalt (§ 315), die regelmäßig Gattungsschuld ist (Rieble/Gutfried JZ 08, 595; Soergel/Forster § 262 Rz 13; Grüneberg/Grüneberg § 262 Rz 4).

 

Rn 7

Bei der Ersetzungsbefugnis (facultas alternativa) schuldet der Schuldner nur eine Leistung, nur sie kann der Gläubiger fordern. Das Schuldverhältnis ist damit anders als bei der Wahlschuld von Anfang an bestimmt. Der Schuldner hat aber das Recht, sich durch eine andere als die an sich geschuldete Leistung von seiner Verbindlichkeit zu befreien (BAG NZA 10, 571 [BAG 22.12.2009 - 3 AZR 814/07]). Die Ersetzungsbefugnis des Schuldners beruht auf dem Gesetz (zB §§ 244 I, 251 II, 528 I 2, 775 II, 2170 II 2) oder der vertraglichen Vereinbarung, zB wenn der Schuldner statt Barzahlung Wertpapiere leisten darf (RGZ 132, 14) oder wenn dem Käufer eines Kfz gestattet wird, statt des Kaufpreises seinen Gebrauchtwagen als Leistung an Erfüllungs statt in Zahlung zu geben (BGHZ 46, 340, 89, 128; Soergel/Forster § 262 Rz 19). Bei der Ersetzungsbefugnis des Gläubigers hat der Gläubiger das Recht, statt der geschuldeten Leistung eine andere zu fordern (Stamm JZ 15, 923). Sie beruht ebenfalls auf dem Gesetz, zB § 249 II (Soergel/Forster § 262 Rz 21; MüKoBGB/Krüger § 262 Rz 10), oder einer vertraglichen Vereinbarung, die va bei langfristigen Verträgen getroffen wird, um dem Gläubiger die Anpassung an veränderte Interessen zu ermöglichen, zB Wertsicherungsklauseln, die dem Gläubiger das Recht einräumen, bei Geldentwertung statt der Zahlung eine Sachleistung zu verlangen (BGHZ 81, 137; BGH NJW 62, 1568; Soergel/Forster § 262 Rz 22). Auf die Ersetzungsbefugnis sind die §§ 262265 weder direkt noch analog anwendbar (Grüneberg/Grüneberg § 262 Rz 6).

 

Rn 8

Elektive Konkurrenz liegt vor, wenn dem Gläubiger außerhalb einer Ersetzungsbefugnis mehrere, inhaltlich verschiedene Rechte (Forderungen, Gestaltungsrechte) wahlweise zustehen, die einander aber wechselseitig ausschließen (Pöschke JZ 10, 352; zur Abgrenzung Samhat 1 ff). Bsp: Wahlrecht des Gläubigers zwischen Rücktritt und Minderung nach §§ 437 Nr 2, 634 Nr 3, zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung nach § 439 (Spickhoff BB 03, 589; Schröter NJW 06, 1761; krit Pöschke JZ 10, 352), zwischen Erfüllung und Schadensersatz nach § 179 I, zwischen Erfüllung und Rücktritt nach § 323 (BGH NJW 06, 1198 [BGH 20.01.2006 - V ZR 124/05]; Althammer NJW 06, 1179 mwN), zwischen Schadensersatz und Aufwendungsersatz nach § 284 oder zwischen vereinbarter und ortsüblicher Miete nach § 546a I (weitere Beispiele MüKoBGB/Krüger § 262 Rz 12). Gerade die dem Gläubiger zustehenden Wahlrechte nach § 179 I, 439 und § 546a I werden zT aber auch als Bsp einer gesetzlich angeordneten Wahlschuld mit Wahlrecht des Gläubigers genannt (Staud/Bittner/Kolbe § 262 Rz 18 für § 546a I; Soergel/Forster § 262 Rz 24 für § 179 I). Richtig erscheint, diese Fälle grds zur elektiven Konkurrenz zu zählen, weil die jeweiligen Gläubigerrechte, auch wenn sie einem Schuldverhältnis entspringen und nicht gleichzeitig geltend gemacht werden können, mehrere Forderungs- oder Gestaltungsrechte sind, bei der Wahlschuld hingegen ein einheitlicher Anspruch (Rn 2) vorliegt (BGH NJW 06, 1198). Dies schließt aber die analoge Anwendung der §§ 262265 nicht von vornherein aus (aA offenbar Soergel/Forster § 262 Rz 5). Ob der Gläubiger zB an den gewählten Anspruch oder das ausge...

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