Gesetzestext

 

Ist die Leistungszeit nicht bestimmt oder ist der Schuldner berechtigt, vor der bestimmten Zeit zu leisten, so kommt der Gläubiger nicht dadurch in Verzug, dass er vorübergehend an der Annahme der angebotenen Leistung verhindert ist, es sei denn, dass der Schuldner ihm die Leistung eine angemessene Zeit vorher angekündigt hat.

A. Normzweck.

 

Rn 1

§ 299 schränkt den Grundsatz, dass Annahmeverzug kein Verschulden des Gläubigers voraussetzt, dahingehend ein, dass es bei nur zeitweiliger Verhinderung des Gläubigers im Falle der unbestimmten Leistungszeit unbillig wäre, den Gläubiger in Annahmeverzug zu versetzen. Als Sonderregelung stellt § 299 somit eine Ausgestaltung des Grundsatzes von Treu und Glauben, § 242, dar (Hambg OLGE 28, 71).

B. Voraussetzungen.

I. Unbestimmtheit der Leistungszeit.

 

Rn 2

Voraussetzung des § 299 ist, dass die Leistungszeit entweder unbestimmt ist, so dass der Schuldner die Leistung gem § 271 I sofort erbringen kann, oder zwar eine Bestimmung der Leistungszeit vorliegt, der Schuldner aber auch zu einem früheren Zeitpunkt leisten kann, § 271 II (MüKoBGB/Ernst § 299 Rz 2; Staud/Feldmann § 299 Rz 1).

II. Annahmehinderung.

 

Rn 3

Liegt eine solche Unbestimmtheit vor, versetzt eine vorübergehende Annahmehinderung den Gläubiger nicht in Annahmeverzug. Unter einem vorübergehenden Annahmeverzug sind solche Umstände zu verstehen, die den Gläubiger nur zeitweilig von der Annahme hindern, wie etwa zufällige Abwesenheit (Hambg OLGE 28, 71), schwere Erkrankung (RG JW 1903 Beilage Nr 251) oder vorübergehender Platzmangel (Staud/Feldmann § 299 Rz 3). Der Gläubiger kann sich nicht auf derartige Gründe berufen, wenn er sie selbst absichtlich herbeigeführt hat (Soergel/Schubel § 299 Rz 2; BRHP/Lorenz § 299 Rz 4).

III. Ankündigung der Leistung.

 

Rn 4

Trotz Unbestimmtheit der Leistungszeit gerät der Gläubiger in Annahmeverzug, wenn die Leistung vorher angekündigt war. Die Ankündigung ist eine empfangsbedürftige geschäftsähnliche Mitteilung (Grüneberg/Grüneberg § 299 Rz 3; Erman/Hager § 299 Rz 4); sie muss eine angemessene Zeit vor der Leistung stattfinden, so dass der Gläubiger sich auf die Annahme vorbereiten kann; es ist also stark auf Art und Umfang der geschuldeten Leistung abzustellen (BRHP/Lorenz § 299 Rz 5). Eine Ankündigung zu einer unpassenden Zeit führt den Annahmeverzug erst zu dem Zeitpunkt herbei, an dem die Annahme durch den Gläubiger billigerweise erwartet werden konnte (Staud/Feldmann § 299 Rz 6; Erman/Hager § 299 Rz 4). Die Grundsätze von Treu und Glauben, § 242, finden überdies besondere Beachtung, so dass trotz rechtzeitiger Ankündigung ein Annahmeverzug dennoch ausgeschlossen sein kann, so zB bei einem Todesfall in der Familie oder plötzlicher Krankheit des Gläubigers (MüKoBGB/Ernst § 299 Rz 5; Grüneberg/Grüneberg § 299 Rz 3). Ist der Gläubiger allerdings dauerhaft an der Annahme verhindert, tritt auch ohne eine rechtzeitige Vorankündigung bei frühzeitigem Angebot Annahmeverzug ein (MüKoBGB/Ernst § 299 Rz 4; Erman/Hager § 299 Rz 3).

C. Beweislast.

 

Rn 5

Der Gläubiger hat die vorübergehende Behinderung, der Schuldner die rechtzeitige Ankündigung darzulegen und zu beweisen (Erman/Hager § 299 Rz 6; Grüneberg/Grüneberg § 299 Rz 4).

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