Rn 5

Die Rspr lässt allerdings verschiedene Ausnahmen von diesem Verbot zu. Darüber hinaus ist auch die ergänzende Vertragsauslegung von AGB zulässig (s § 305c Rn 20). Zur Abgrenzung vom VgR BGH DB 09, 2657; BGHZ 137, 221 f; 90, 81.

a) Abtrennbarkeit.

 

Rn 6

Eine Ausnahme vom VgR gilt dann, wenn die beanstandete Klausel einen sachlich und sprachlich abtrennbaren, für sich wirksamen Teil aufweist (BGH NJW 01, 294 [BGH 27.09.2000 - VIII ZR 155/99]; 97, 3437). Dies setzt voraus, dass der unwirksame Klauselteil ohne weiteres gestrichen werden kann und der als wirksam anzusehende Rest aus sich heraus verständlich bleibt, ohne dass von einer gänzlich neuen Vertragsgestaltung gesprochen werden muss (›blue pencil test‹, BGH NJW 15, 928 Rz 23; ZIP 23, 527 Rz 44; BAG NZA 22, 713 Rz 57; Grüneberg/Grüneberg § 306 Rz 7). Dies gilt etwa für Klauseln über Fristbeginn und -länge (BGH NJW 88, 2106, 2107 [BGH 24.03.1988 - III ZR 21/87]), Voraussetzungen und Folgen einer Kündigung (BGH NJW 88, 200 [BGH 01.10.1987 - IX ZR 117/86]), Abgabe und Empfang von Erklärungen (BGH NJW 97, 3437 [BGH 10.09.1997 - VIII ARZ 1/97]), Schönheitsreparaturen und Reparaturkosten (BayObLG NJW-RR 97, 1373), Gefahrtragungsregeln für den Fall der Beschädigung oder des Untergangs (BGH BB 98, 1126).

b) Personelle Teilbarkeit.

 

Rn 7

Schon aus dem im b2b-Geschäft eingeschränkten Schutzzweck (§ 307 Rn 30) folgt, dass eine Klausel, die in b2c-Verträgen unwirksam ist, in b2b-Verträgen als wirksam angesehen werden kann (BGH NJW 00, 660 [BGH 28.10.1999 - IX ZR 364/97]). Auch bleibt eine für beide Seiten getroffene und dem Kunden ggü unangemessene Klausel dem Verwender ggü wirksam (BGH NJW 87, 2506 [BGH 25.03.1987 - VIII ZR 71/86]; Ddorf NJW-RR 00, 284 [OLG Düsseldorf 28.04.1999 - 11 U 69/98]).

c) Fertig bereitliegende Rechtsordnung.

 

Rn 8

Die geltungserhaltende Reduktion soll bei Klauselwerken zulässig sein, die als kollektiv ausgehandelte Vertragswerke unter Mitwirkung der beteiligten Verkehrskreise zustande gekommen sind und damit als ›fertig bereitliegende Rechtsordnung‹ nicht ohne weiteres mit einseitig aufgestellten AGB vergleichbar sind (BGH NJW 95, 3117 [BGH 04.05.1995 - I ZR 70/93] für die ADSp; BGH NJW 95, 2224 [BGH 04.05.1995 - I ZR 90/93] für die AGNB; aA U/B/H/Schmidt § 306 Rz 15b).

d) Fernliegender Ausnahmefall.

 

Rn 9

Die Wirksamkeit einer Klausel ist zu bejahen, wenn sie nur in ganz fernliegenden und untypischen, vom Verwender nicht bedachten Ausnahmefällen gegen die §§ 307 ff verstößt (BGH NJW 93, 658 [BGH 20.10.1992 - X ZR 74/91]; U/B/H/Schmidt § 306 Rz 15a). Dies gilt etwa für das Stornorecht der Banken (BGH NJW 83, 250), Selbstbelieferungsvorbehalte (BGHZ 92, 398) und Zinsänderungsklauseln (BGHZ 97, 212).

e) Vertrauensschutz.

 

Rn 10

Grds ist dem Verwender von AGB, die sich aufgrund einer Änderung der Rspr als unwirksam erweisen, kein Vertrauensschutz zuzubilligen (BGH NJW 08, 1438 [BGH 05.03.2008 - VIII ZR 95/07]). Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen kann in Anlehnung an die Rspr des BGH zur Aufrechterhaltung von Bürgschaftsverpflichtungen bei an sich unwirksamer Ausdehnung der Bürgenhaftung auf alle bestehenden und künftigen Ansprüche (BGHZ 137, 153; s § 307 Rn 21) und bei Vertragsstrafen in Höhe von 10 % der Abrechnungssumme bei Bauverträgen bis zu einem Volumen von 15 Mio DM (BGHZ 153, 327 einerseits, BGH WM 05, 894 andererseits; s.a. § 307 Rn 21) trotz sprachlicher Unteilbarkeit der Klausel bei einer Neuorientierung der Inhaltskontrolle durch die Rspr derjenige Teil der Klausel aufrechterhalten werden, der im Zeitpunkt der Verwendung dem Stand der Rspr entsprach (Grüneberg/Grüneberg § 306 Rz 10; Medicus NJW 95, 2577 ff; vgl auch BGH NJW 03, 1805 [BGH 23.01.2003 - VII ZR 210/01]; 02, 3098 [BGH 04.07.2002 - VII ZR 502/99]).

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