Rn 1

§ 312 wurde durch das Gesetz zur Umsetzung der VRRL und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung (VRRL-UG; dazu Vor §§ 312 ff Rn 4) mWv 13.6.14 komplett neu gefasst. Die Norm regelt in I den Anwendungsbereich der §§ 312 ff. In II bis VI sind Ausnahmetatbestände enthalten, die für bestimmte Vertragstypen den sachlichen Anwendungsbereich der Kapitel 1 und 2 einschränken. Die in § 312 aF geregelten sog Haustürgeschäfte gehen nunmehr in dem deutlich weiter gefassten Begriff der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen auf (s § 312b nF). Das Dritte Gesetz zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften v 17.7.17 (BGBl I 2394) fügte mWv 1.7.18 in VII eine neue Regelung zum Pauschalreisevertrag an; der bisherige II Nr 4 wurde aufgehoben. Die Reform diente der Umsetzung des Art 3 III lit g VRRL, der durch die neu gefasste Pauschalreiserichtlinie (EU) 2015/2302 geändert worden war (allg dazu Führich NJW 17, 2945). Weitere Änderungen brachte das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen vom 25.6.21 vor, das zum 1.1.22 in Kraft getreten ist (s dazu auch Vor § 327 Rn 1 ff) vor. In I ist das Tatbestandsmerkmal ›entgeltliche Leistung‹ entfallen, da auch der neu gefasste Art 3 VRRL ohne diesen Begriff auskommt. Die §§ 312 ff finden auch auf Verträge Anwendung, bei denen der Verbraucher an Stelle oder neben der Zahlung eines Preises personenbezogene Daten bereitstellt oder sich zu deren Bereitstellung verpflichtet. Der neue Ia benennt die objektiven Voraussetzungen, unter denen dies gilt. Das Gesetz v. 10.8.21 (BGBl I 3483; Vor §§ 312 Rn 4a) hat mWv 28.5.22 II Nr 5 aufgehoben, VII 1 angepasst und einen neuen VIII angefügt. Das Gesetz für faire Verbraucherverträge v. 10.8.21 (BGBl I 3433) brachte mWv 1.7.22 eine erneute Folgeänderung in VII 1 (Verweis nunmehr auf § 312m).

 

Rn 2

§ 312 dient der Umsetzung von Art 3 VRRL. Die VRRL ist grds vollharmonisierend (Art 4 VRRL), lässt also von expliziten Ausnahmen abgesehen weder weniger strenge noch strengere Rechtsvorschriften im mitgliedstaatlichen Recht zu. Aus diesem Grund lehnt sich § 312 recht eng an den Wortlaut von Art 3 VRRL an. Hintergrund der in II und III enthaltenen Ausnahmetatbestände ist, dass es für eine Vielzahl von Rechtsgeschäften spezielle Informationspflichten und Widerrufsrechte gibt (BTDrs 17/12637, 45). Zum Teil bestanden die genannten Ausnahmen bereits im bisherigen Recht, wenn auch in einem anderen Regelungszusammenhang (dazu im Einzelnen Rn 9 ff). Der in IV mit in den Anwendungsbereich der §§ 312 ff einbezogene Wohnraummietvertrag wird von Art 3 III lit f VRRL ausdrücklich vom Geltungsbereich der VRRL ausgeschlossen. Trotz der Vollharmonisierung ist die deutsche Umsetzung jedoch insoweit europarechtskonform, da die Ausdehnung auf weitere Vertragstypen nach ErwGr 13 VRRL zulässig ist (s zur ebenfalls vollharmonisierenden VerbrKrRL 2008 EuGH 12.7.12, C-602/10 – Volksbank România, WM 12, 2049, Rz 40).

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