Rn 2

Nach I 1 sind die §§ 312 bis 312j zugunsten des Verbrauchers (oder Kunden) einseitig zwingend. Eine solche Anordnung findet sich im Verbraucherschutzrecht durchgehend (etwa in den §§ 241a III 2, 312m I, 327s I, II, 361 II 2, 476 IV, 487, 512, 650o, 651y S 2, 655e). Durch das VRRL-UG wurde eine solche Anordnung auch in § 361 für die Rechtsfolgen des Widerrufs (§§ 355 ff) ins Gesetz aufgenommen. In der Sache ist damit jedoch keine Änderung verbunden, denn schon bisher galt, dass die Vorschriften über die Rechtsfolgen des Widerrufs von dem einseitig zwingenden Charakter des § 312i aF miterfasst werden.

 

Rn 3

Der Schutzzweck steht nicht nur einer abweichenden Vereinbarung entgegen, sondern auch einem einseitigen Verzicht des Verbrauchers. Nichts anderes ergibt sich auch aus Art 25 I VRRL. Zweifelhaft ist, inwieweit der Verbraucher in einem Vergleich einen Teil seiner Rechte aufgeben kann. Wenn der Vergleich ernsthafte Zweifel beheben soll und einigermaßen angemessen ist, wird man das bejahen müssen (so auch Kobl BKR 17, 153 [OLG Koblenz 30.09.2016 - 8 U 127/16]). Grüneberg/Grüneberg Rz 2 weist mit Recht auf die Lösung für die gleichliegende Problematik im Arbeitsrecht hin (etwa BAG NJW 77, 1213 [BAG 11.06.1976 - 5 AZR 506/75]). Mit Art 25 VRRL, der seinem Wortlaut nach auf die Situation bei Abschluss des Vertrags abstellt, dürfte dies in Einklang stehen.

 

Rn 4

Besondere Bedeutung haben Vergleichsschlüsse im Rahmen der Verbraucherschlichtung. (Lohr, Verbraucherstreitbeilegung und Verbraucherschutz 21, 203ff) Sofern angenommen wird, eine Abweichung von zwingendem Recht sei hier nicht möglich (H. Roth JZ 13, 637, 643 [EuGH 19.09.2013 - Rs. C-579/12 RX-II]; Caponi RabelsZ 79, 117, 131), so stößt dies im Geltungsbereich der ADR-Richtlinie wegen deren Art 11 in Verbindung mit dem Effektivitätsgebot auf Bedenken. Bei unklarer Gesetzeslage erlangt der Vergleich trotz Verstoßes gegen zwingendes Recht Wirksamkeit, ›wenn der Vergleichsinhalt den Bereich nicht verlässt, der bei objektiver Beurteilung ernstlich zweifelhaft ist‹ (BGH NJW 12, 61 [BGH 22.09.2011 - IX ZR 1/11] Rz 12 mwN). Auch bei unklarer Tatsachenlage kann die Zulässigkeit eines Vergleichsschlusses angenommen werden, auch wenn bei objektiver Betrachtung ein Verstoß gegen zwingendes Verbraucherrecht vorliegt. Bei gegenteiliger Ansicht würde man den Verbraucher entgegen der Intention der ADR-Richtlinie gerade in einen Prozess zwingen, um seine Rechte durchzusetzen (iE auch MüKo/Wendehorst Rz 5 f).

 

Rn 5

Diskussionswürdig ist die Möglichkeit der Beschränkung der Verbraucherrechte im Falle der rechtsmissbräuchlichen Ausübung, § 242 (so zu § 312i aF Schürnbrand JZ 09, 133). Zum Widerruf § 355 Rn 2.

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