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Über Eingriffsnormen der lex causae enthält Art 9 keine ausdrückliche Bestimmung. Daraus lassen sich unterschiedliche Schlüsse ziehen, die bisherigen Streitfragen leben fort (Leible/Lehmann RIW 08, 543: nicht geklärt). Manche sehen Eingriffsnormen als Teil des Schuldstatuts an (Lando/Nielsen CMLRev 08, 1687, 1719; W.-H. Roth FS Kühne 859, 873; ders in Kieninger/Remien Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung, S 34 f; Ringe in: juris-pk Art 9 Rz 42; wohl auch Staud/Magnus Art 9 Rz 4), womit gleichzeitig die Grenzen des III (unten) überspielt werden. Eine jedenfalls in Deutschland starke Meinung verwirft dies (Grüneberg/Thorn Art 9 Rz 15: ›Fehlvorstellung‹; Reithmann/Martiny/Zwickel Rz 5.24; MüKo/Martiny Art 9 Rz 43, offener Rz 37, 112; MüKo/Sonnenberger 4. Aufl Einl IPR Rz 47). Die Schuldstatutstheorie ist nach wie vor abzulehnen (MüKo/Martiny Art 9 Rz 43; v Hein in: Bruns/Suzuki aaO 145, 158 f; früher Staud/Magnus Art 9 ROM I Rz 132; zum EGBGB etwa Kropholler § 52 X 1 und 3b; Sonnenberger IPRax 03, 104, 107; v Bar/Mankowski Rz 4/119 f; aA Roth in: FS Kühne 873). Zwar ist nicht auszuschließen, dass eine Norm dem Schuldstatut zugehört und zugleich Eingriffscharakter aufweist, etwa im Mietrecht oder Dienstleistungsrecht (vgl zu russ Verbot des Erfolgshonorars KG NJW-RR 12, 830 [KG Berlin 20.04.2012 - 4 U 51/11], so jetzt wohl a Freitag aaO Rz 5.24). Aber etliche Eingriffsnormen passen überhaupt nicht zum Schuldstatut und können ihm nicht zugezählt werden, etwa das Außenwirtschaftsrecht. Die Schuldstatutstheorie führt dann zu gänzlich zufälligen Ergebnissen (Remien RabelsZ 90, 431, 462 f; Schurig RabelsZ 90, 27, 244 ff; Schubert RIW 87, 729, 737; aA W.-H. Roth FS E. Lorenz 421, 424 Fn 28). Damit ist die kollisionsrechtliche oder materiell-rechtliche Berücksichtigung drittstaatlicher Eingriffsnormen entscheidend.

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