Rn 39

Wenn der Schuldner nur eine Teilleistung (dazu Canaris FS Medicus [09], 17) bewirkt, richtet sich der Rücktritt wegen des nicht geleisteten Restes nach § 323 I–III. Demgegenüber behandelt V 1 die Frage, ob der Gläubiger vom ganzen Vertrag (also auch von dem schon durch die Teilleistung erfüllten Teil) zurücktreten kann. Diese Problematik wird für den Schadensersatz statt der Leistung in § 281 I 2 geregelt. Ebenso wie dort lässt auch V 1 das Interesse des Gläubigers an der Teilleistung entscheiden: Fehlt dieses, so ist ein Totalrücktritt möglich, andernfalls nur ein Teilrücktritt (vgl die partial avoidance von Art 51 CISG).

 

Rn 40

Bei einem Teilrücktritt ist der Leistungsteil, den der Gläubiger behält, anteilsmäßig zu vergüten. Ist die Gegenleistung nicht teilbar, gilt Gleiches wie bei einer unteilbaren Leistung, nämlich das Recht zum Totalrücktritt (BGH NJW 00, 1332, 1333 [BGH 14.01.2000 - V ZR 386/98] für die Zustimmung zur Löschung einer Auflassungsvormerkung; NJW 10, 346; s.a. Förster/Herrler NJW 10, 2090: V 1 greift nicht, wenn der Grundstückskäufer die Grunderwerbssteuer nicht zahlt). Übrigens kann der Gläubiger idR auch dadurch zu einem Totalrücktritt kommen, dass er die ihm angebotene Teilleistung nach § 266 zurückweist.

 

Rn 41

Dabei behandelt V 1 (im Gegensatz zu V 2) nur die quantitative Teilleistung. Die Schlechtleistung, also ein qualitativer Mangel, wird in § 323 nicht als Teilleistung angesehen (Celle ZGS 04, 74; MüKo/Ernst Rz 203; Grüneberg/Grüneberg Rz 24). Andererseits gilt als Teilleistung auch, wenn von mehreren Pflichten aus einem Vertrag nicht alle erfüllt werden, zB bei einem Grundstückskauf nur die Pflicht zur Übereignung, nicht aber auch diejenige zur Übergabe (MüKo/Ernst Rz 232 ff).

 

Rn 42

Streitig ist beim Kauf die Abgrenzung zu § 434 III. Dort wird eine Mankolieferung einem Sachmangel gleichgestellt, also einem Qualitätsmangel, der unter § 323 V 2 fiele (MüKo/Ernst Rz 219 mit Streitstand). Vorzugswürdig ist die von Ernst aaO Rz 220 angegebene Lösung: § 434 III meint nur den Fall, dass die zu geringe Menge als volle Leistung geliefert wird. Dagegen ist die Vorschrift unanwendbar, wenn die Parteien bei der Lieferung darüber einig sind, dass diese nur einen Teil des Geschuldeten darstellt.

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