Rn 7

Die Leistung muss objektiv erbracht worden sein. Maßgebend für den Eintritt der Erfüllung ist der Leistungserfolg. Die Vornahme der Leistungshandlung genügt hingegen nicht ohne Weiteres (BGHZ 87, 156; NJW 99, 210). So bedarf es beim Versendungskauf nicht nur der Übergabe an einen Spediteur, sondern der Übergabe durch die Transportperson an den Käufer (BGHZ 1, 4); die Rechtsschutzversicherung hat nicht bereits mit Zusage der Abwehrdeckung erfüllt (BGH NJW 18, 1971). Beschränkt sich die geschuldete Pflicht auf die Vornahme einer Handlung, so tritt mit der Handlung zugleich der Leistungserfolg ein. Soweit dies nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses erforderlich ist (was regelmäßig der Fall sein wird), muss der Gläubiger über die Leistung (bei der Überweisung: über den Gutschriftbetrag) uneingeschränkt verfügen können und diese insb auch behalten dürfen (BGH NJW 96, 1207; NJW 99, 210; DStR 05, 297; Nürnbg WM 09, 1191). Deshalb genügt der Einwurf von Bargeld in den Gläubiger-Briefkasten nicht; erforderlich ist, dass der Gläubiger es tatsächlich erlangt (AG Köln NJW 06, 1600). Das Erlangen der Verfügungsgewalt wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Gläubiger dem Schuldner bei der Verschaffung von zur Erfüllung verwendeten Kreditmitteln behilflich ist und dem Kreditgeber ggü haftet (BGHZ 97, 197: Akzeptantenwechselverfahren). Nimmt der Schuldner mehrere Handlungen vor, die jede für sich zur Erfüllung führen können, so sind diese grds getrennt zu betrachten; Erfüllung tritt ein, wo der Leistungserfolg herbeigeführt wird (Stuttg ZIP 85, 238). Nach Eintritt der Erfüllungswirkung eingetretene, zumal unvorhersehbare Entwicklungen bleiben unberücksichtigt (vgl LG Halle 3.12.09, 4 O 1119/09).

 

Rn 8

Zur Leistung verpflichtet und berechtigt ist der Schuldner. Der Schuldner kann Hilfspersonen (etwa Erfüllungsgehilfen, § 278) einschalten, soweit er nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses nicht ausnahmsweise höchstpersönlich leisten muss. Die Zulässigkeit der eigenen Leistung eines Dritten richtet sich nach §§ 267, 268, 1150, 1249 (zur Unterscheidung BGH ZIP 08, 1911).

 

Rn 9

Grds ist an den Gläubiger zu leisten. Ihm steht die Empfangszuständigkeit zu. Sie fehlt, wenn dem Gläubiger die Verfügungsmacht über die Forderung entzogen ist (arg ex §§ 362 II, 185 u §§ 1813, 1812), etwa bei §§ 136, 1984, 2211; § 829 ZPO; § 23 ZVG; §§ 80, 82 InsO (BGHZ 218, 261 Rz 15; Rn 18 aE). Geschäftsunfähigen fehlt die Empfangszuständigkeit. Beschränkt Geschäftsfähigen ggü ist zwar nach § 107 eine Übereignung möglich; das Erlöschen der Forderung ist hingegen ein rechtlicher Nachteil, der in entspr Anwendung von § 107 eine Einwilligung (§ 182) voraussetzt. Erfüllung tritt ein, wenn die Leistung an den gesetzlichen Vertreter weitergeleitet oder der Empfang durch den Minderjährigen als Leistung an Erfüllungs statt genehmigt wird (zum Ganzen Gernhuber Erfüllung 115 ff; teilw str). Auch der Betreute unter Einwilligungsvorbehalt ist nicht empfangszuständig (BGH NJW 15, 2497); auf die Kenntnis des Schuldners von der Betreuung kommt es nach dem Gesetz nicht an (aA LG Oldenburg WM 13, 1411); allerdings kann eine Pflichtverletzung vorliegen, wenn der Betreuer zB die Bank des Betreuten nicht über den Vorbehalt informiert. Bei Gesamtgläubigerschaft kann der Schuldner an jeden Gesamtgläubiger leisten (§ 428), beim Oder-Konto aber nur an einen (jeden) Inhaber, der die Leistung fordert (BGH NJW 18, 2632 [BGH 20.03.2018 - XI ZR 30/16]).

 

Rn 10

Eine Leistung an den Gläubiger liegt auch vor, wenn die Leistung an seine Empfangs- oder Zahlstelle erfolgt. Das kann etwa eine Bank oder ein mit Empfangsvollmacht ausgestatteter Vertreter sein. Die Rechenschaftspflicht ggü Behörden ersetzt nicht die Rechnungslegung ggü dem Gläubiger (Jena FamRZ 13, 1837). Erteilung, Widerruf und Beschränkung einer Empfangsvollmacht (Brandbg NJW 07, 1470) bestimmen sich nach den für § 167 geltenden Grundsätzen. Duldungs- oder Anscheinsvollmacht ist möglich (vgl Oldbg VersR 99, 884). Eine Leistung an Dritte liegt unter dieser Voraussetzung nicht vor (Saarbr OLGZ 88, 45; Frankf NJW 98, 387; Dresd MDR 00, 1306; vgl auch BGH ZIP 07, 2273). Das Vorliegen einer Empfangsvollmacht entbindet den Schuldner allerdings nicht davon, eine Überweisung ggf auf ein ganz bestimmtes Gläubigerkonto vorzunehmen (Karlsr NJW 97, 1587 [OLG Karlsruhe 19.12.1996 - 9 U 140/96]). Bei einem Ehegattenarbeitsverhältnis reicht es zur Erfüllung des Entgeltanspruchs nicht aus, wenn der Arbeitnehmer-Ehegatte zur Verfügung über das gemeinsame Konto befugt ist und eine Entgeltzahlung selbst bewirken kann (LAG Schlesw NZA-RR 07, 9 [LAG Schleswig-Holstein 30.08.2006 - 3 Sa 156/06]). Die Zulässigkeit einer Leistung an Dritte bestimmt sich nach II. Über II hinaus kann sich die Befugnis zur Leistung an einen Dritten aus einer Abtretung oder einem gesetzlichen Anspruchsübergang ergeben. Das Gleiche hat die Rspr auch ohne ausdrücklich angeordneten zivilrechtlichen Anspruchsübergang in steuerrechtlichen Fällen angenommen. Es entfalte...

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