Rn 16

Sinn und Rechtsfolge des § 362 liegen darin, dass die Forderung von selbst vollständig, vorbehalts- und bedingungslos erlischt, dh untergeht und vernichtet wird, der Schuldner damit also endgültig von seiner Schuld befreit wird, wenn die Leistung so, wie sie nach dem zur Zeit der Erfüllung geltenden Recht zu leisten war, bewirkt wurde. Hierdurch ändert die Rechtslage endgültig; auf die Erfüllungswirkung kann mithin nicht nachträglich einseitig verzichtet werden. Ggf müssen die Parteien das Rechtsgeschäft neu vornehmen und dabei geltende Formerfordernisse wahren (vgl BGHZ 20, 338). Prozessual begründet die Erfüllung eine von Amts wegen zu beachtende Einwendung. Dem Wortlaut der Vorschrift nach erlischt das ›Schuldverhältnis‹. Damit ist die einzelne konkrete Forderung des Gläubigers bzw Schuld des Schuldners iSd § 241 gemeint, nicht aber das ihr zugrunde liegende Schuldverhältnis im weiteren Sinn, nämlich die Gesamtheit der schuldrechtlichen Beziehungen zwischen Gläubiger und Schuldner als ›Bündel von Rechten und Pflichten‹ (BGHZ 10, 391). Kommen mehrere Forderungen in Betracht, bestimmt § 366, welche Forderung erlischt. Da das Schuldverhältnis iwS nicht erlischt, können auch im Anschluss an die Erfüllung der gegenseitigen Hauptpflichten nachwirkende Pflichten bestehen (BGH NJW 52, 867).

 

Rn 17

Die Darlegungs- und Beweislast für das Erlöschen eines Schuldverhältnisses durch Erfüllung als anspruchsvernichtende Tatsache trägt, wenn nicht ein Fall des § 363 vorliegt, grds der Schuldner (BGH WM 75, 593). Dies gilt auch im Fall einer Verrechnungsabrede (BGH NJW-RR 07, 705). Der Schuldner genügt dem grds, wenn er eine obj pflichtgemäße Leistung beweist. Für Umstände, die dem Eintritt des Leistungserfolgs entgegenstehen, kann den Gläubiger eine sekundäre Darlegungslast treffen (vgl Ddorf BauR 09, 1158). Die Beweislast für die reale Leistungsbewirkung bleibt aber beim Schuldner. In jedem Fall erfordert der Vortrag eines Erlöschens des Schuldverhältnisses mehr als nur die pauschale Erlöschensbehauptung (BGH NJW 97, 128; ZIP 14, 261). Dem Schuldner können aber Beweiserleichterungen zugutekommen (BGH NJW 07, 3067). Der bloße Umstand, dass es um die Zahlung durch einen Dritten geht, reicht hierfür nicht (BGH VuR 07, 385). Ebenso wenig genügt idR ein bloßer Zeitablauf nach Fälligkeit (Frankf NJW-RR 05, 1627 [OLG Hamm 28.06.2005 - 15 W 159/05]). Allerdings kann der Schuldner bei besonders langem Zeitablauf seiner Beweislast oft auch mit einem Indizienbeweis genügen (LG Münster NJW-RR 07, 124 [LG Münster 07.04.2006 - 16 O 585/05]). Ausreichend ist ferner: der Ablauf handelsrechtlicher Aufbewahrungsfristen (Bambg OLGR 06, 554; Ausn: Sparbücher, BGHZ 151, 47); bei Erfüllung durch Banküberweisung: der Beweis für die Ausführung durch die Schuldnerbank (Brandbg 6.3.07, 10 UF 206/06). Ein Anscheinsbeweis, dass dem Schuldner übergebene Nachnahme-Ware bei der Übergabe bezahlt wurde, greift nur, wenn feststeht, dass die Ware bei Übergabe noch als Nachnahmesendung ausgewiesen war (BGH NJW 06, 300 [BGH 14.09.2005 - VIII ZR 369/04]). Den Schuldner trägt auch die Beweislast für Vereinbarungen über eine andere als die gesetzlich vorgesehene Art der Erfüllung (BGH NJW 22, 2470 [BGH 18.05.2022 - XII ZB 325/20] Rz 39).

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