Gesetzestext

 

1Ist über die Forderung ein Schuldschein ausgestellt worden, so kann der Schuldner neben der Quittung Rückgabe des Schuldscheins verlangen. 2Behauptet der Gläubiger, zur Rückgabe außer Stande zu sein, so kann der Schuldner das öffentlich beglaubigte Anerkenntnis verlangen, dass die Schuld erloschen sei.

A. Überblick und Zweck.

 

Rn 1

§ 371 ergänzt § 368. Das Beweisinteresse des Schuldners ist nicht nur positiv darauf gerichtet, eine Quittung zu erhalten. Er hat ein ebenso berechtigtes Interesse, vom Gläubiger noch eine in dessen Hand befindliche Schuldurkunde für die Forderung zu erhalten, um negativ den Anschein des Weiterbestehens der Forderung zu beseitigen. Hierfür ist er auf einen schuldrechtlichen Anspruch angewiesen, da das Eigentum an dem Schuldschein nicht mit Erfüllung auf den Schuldner übergeht (München NJW-RR 98, 992).

 

Rn 2

Die Rückgabe kann ›neben‹ der Ausstellung einer Quittung verlangt werden. Das bedeutet, dass für § 371 grds sämtliche Voraussetzungen des § 368 vorliegen müssen. Ein Rückgabeanspruch besteht aber (zumindest aus § 812) auch dann, wenn das Schuldverhältnis nicht entstanden ist (vgl Frankf OLGR 00, 7). Ebenso kann Rückgabe verlangt werden, wenn die Schuld anders als durch Erfüllung, etwa durch Aufrechnung, erloschen ist (BGH NJW-RR 08, 1512 [BGH 14.07.2008 - II ZR 132/07]). Voraussetzung für den Anspruch ist, dass die Schuld vollständig erloschen ist (Celle 2.12.04, 11 U 12/04). In der Praxis wird § 371 vielfach auch bei Verjährung herangezogen (KG NJW-RR 15, 793 [KG Berlin 26.02.2015 - 27 U 174/13]; Karlsr IBR 10, 26 [OLG Karlsruhe 24.11.2009 - 8 U 46/09]). Dabei kann es sich von vornherein nur um eine analoge Anwendung handeln. Diese kommt nur in Betracht, wenn ein rechtliches Interesse des Gläubigers am Behalten der Schuldurkunde (insb nach §§ 215, 216) ausgeschlossen ist.

B. Schuldschein.

 

Rn 3

Ein Schuldschein iSd § 371 ist jede die Schuldverpflichtung begründende oder auch nur bestätigende Urkunde, die der Schuldner zum Beweis für das Bestehen der Schuld ausstellt (BGH WM 76, 974). Sie muss den wesentlichen Inhalt der Schuld in einer als Beweis geeigneten Weise wiedergeben (vgl RGZ 117, 59, 60). Auf die Rechtsnatur der zugrunde liegenden Forderung kommt es nicht an. Der Schuldschein kann, muss aber keinesfalls ein abstraktes oder kausales Schuldanerkenntnis enthalten. Ein Grundsatz der sog Einheit des Schuldscheins, den das Reichsgericht für Schuldscheindarlehen iSd §§ 40, 30 des Gesetzes vom 16.7.25 über die Ablösung öffentlicher Anleihen aufgestellt hatte (vgl RGZ 116, 166, 173; 117, 59, 60), wird im Anwendungsbereich des BGB nicht anerkannt. Deshalb ist auch nicht notwendig, dass der Schuldschein den Inhalt der Schuldverpflichtung zumindest im Wesentlichen wiedergibt und somit schon für sich allein geeignet ist, den Beweis ihres wesentlichen Inhalts zu erbringen. So bedarf es bspw bei einem Darlehensschuldschein nicht zwingend einer Angabe über die Fälligkeit der Darlehensschuld oder über die Art der Rückzahlung des Darlehens. Erforderlich ist aber eine hinreichende Beweiseignung für die Schuld als solche. Beim Darlehen muss der Schuldschein daher wenigstens hinreichend deutlich erkennen lassen, dass sich sein Aussteller zum Empfang eines Darlehens bekennt (BGH WM 76, 974). Das ist dann der Fall, wenn die Darlehenssumme genannt und der Empfang des Darlehens durch den Darlehensnehmer quittiert wird. Die Bezeichnung als Darlehensvereinbarung steht dann der Einordnung als Schuldschein nicht entgegen (Köln NJW-RR 97, 381 [OLG Köln 11.09.1996 - 19 W 46/96]). Urkunden über eine Sicherungsabtretung oder -übereignung sind zwar keine Schuldscheine, § 371 ist aber entspr anzuwenden, weil der Sicherungsgeber sonst die Vorlage bei Dritten befürchten müsste (für unmittelbare Anwendung AG Mönchengladbach NJW-RR 97, 997 [AG Mönchengladbach 21.02.1997 - 2a C 595/96]). Eine Bürgschaftsurkunde steht einem Schuldschein ebenfalls gleich (Stuttg OLGR 01, 317; Ddorf NJW-RR 03, 668 [OLG Düsseldorf 19.06.2002 - 19 U 37/01]; Köln OLGR 08, 695). Kein Schuldschein ist der Berechtigungsschein in der Beratungshilfe (Saarbr NJW-RR 20, 444 [OLG Saarbrücken 16.12.2019 - 9 W 30/19]).

 

Rn 4

Die Vorschrift gilt analog für die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung eines Titels, wenn die Zwangsvollstreckung aufgrund einer Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) rechtskräftig für unzulässig erklärt wurde und die Schuld mit Sicherheit erloschen ist oder von Anfang an nicht bestand (BGHZ 127, 146). Solange die Zwangsvollstreckung aus dem Titel vollstreckungsrechtlich nicht für unzulässig erklärt wird, steht aber der Titel dem Gläubiger vollstreckungsrechtlich zu. Deshalb ist die erfolgreiche Vollstreckungsabwehrklage grds Voraussetzung für den Anspruch aus § 371 (Karlsr OLGR 07, 412; Hamm OLGR 09, 61; offenlassend BGH NJW 94, 1161; NJW-RR 08, 1512), wobei die Klagen nebeneinander möglich sind und verbunden geltend gemacht werden können (Celle 2.12.04, 11 U 12/04). Die Herausgabe kann aber zudem dann beansprucht werden, wenn das Erlöschen der titulierten...

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