Rn 17

Das negative Schuldanerkenntnis setzt wie der Erlass einen Vertrag voraus. Es kann auch als Teil einer komplexeren Vereinbarung, insb eines Vergleichs, abgegeben werden. Inhaltlich ist wie beim positiven Schuldanerkenntnis zu unterscheiden zwischen der bloßen Begründung eines Beweismittels gegen den Anerkennenden (zB in Form einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung, BGH WuM 09, 647 [BGH 30.09.2009 - VIII ZR 238/08]), einem deklaratorischen und einem konstitutiv-abstrakten Schuldanerkenntnis (§ 781). Rechtssystematisch erhellt aus der abstrakten Rechtsnatur des Erlasses nach § 397 I, dass auch § 397 II nur das konstitutiv-abstrakte negative Schuldanerkenntnis ausdrücklich regelt. Die Bedeutung dieser vom positiven Anerkenntnis bekannten Unterscheidung ist jedoch beim negativen Anerkenntnis weitaus geringer, weil auch das abstrakte negative Schuldanerkenntnis nach § 397 II formfrei erteilt werden kann. Welche Wirkung im Einzelnen gewollt ist, muss durch Auslegung ermittelt werden. Soweit die Parteien einen bestimmten bestehenden kausalen Schuldgrund konstitutiv beseitigen wollen (Gegenstück zum positiven konstitutiv-kausalen Schuldanerkenntnis), liegt ein Erlass nach § 397 I vor. Beim konstitutiven negativen Schuldanerkenntnis ist der Wille der Parteien darauf gerichtet, alle oder eine bestimmte Gruppe von bekannten oder unbekannten Ansprüchen zum Erlöschen zu bringen (BAGE 124, 349; NZA 08, 1066). Als abstraktes Rechtsgeschäft bedarf es eines Rechtsgrundes. Dieser kann in einer Schenkung, einem Vergleich oder in einer auf das bestehende Rechtsverhältnis bezogenen Durchführungsabrede liegen. Ein negativ deklaratorisches Schuldanerkenntnis wird vorliegen, wenn die Parteien das Nichtbestehen eines bestimmten Schuldverhältnisses annehmen und lediglich klarstellen wollen (BAGE 124, 349 [BAG 07.11.2007 - 5 AZR 880/06]; NZA 08, 1066 [BAG 28.05.2008 - 10 AZR 351/07]).

 

Rn 18

Auch beim negativen Schuldanerkenntnis ist eine stillschweigende Erteilung möglich. Es gelten aber die schon für den Erlass maßgebenden strengen Anforderungen an die Feststellung eines Verzichtswillens des Gläubigers (Ddorf ZIP 92, 1460; s.a. Rn 12). Eine stillschweigende Erteilung kann vorliegen, wenn bewusst eine Quittung trotz Bestehens einer Schuld erteilt wird (Ddorf ZIP 92, 1460), sofern sie nicht als Vorausquittung in Erwartung der künftigen Leistung erteilt wird. Auch anderen Erklärungen, etwa in einer Kontogutschrift (Ddorf ZIP 92, 1460) oder einem Übernahmeprotokoll bei Leasingverträgen im Hinblick auf Schäden (Celle DB 97, 2215), kann im Zusammenwirken mit weiteren Umständen ein entspr Erklärungsgehalt zukommen. Der Umfang der Verzichtswirkung ist im Zweifel durch Auslegung zu ermitteln. Verdeckte Schäden werden bei einem auf äußerer Besichtigung beruhenden Protokoll nicht erfasst sein. Bei Ausgleichsklauseln, wonach alle gegenseitigen Ansprüche ausgeglichen sind, ist die Reichweite idR durch Auslegung zu klären (BAG DB 11, 2663); soweit die Klausel sich auf Gruppen bekannter oder unbekannter Ansprüche bezieht, wird dies unter § 397 II fallen. Etwa in einem Prozessvergleich erstrecken sie sich im Zweifel auch auf von den Parteien nicht bedachte Ansprüche (Ddorf BB 97, 2237 [OLG Düsseldorf 09.07.1997 - 3 U 11/97]; Köln MDR 00, 140 [OLG Köln 25.08.1999 - 13 U 28/99]; Brandbg 13.6.07, 13 U 4/07).

 

Rn 19

Die Rechtswirkung des negativen abstrakten Schuldanerkenntnisses besteht darin, dass bestehende Forderungen konstitutiv beseitigt werden. Das deklaratorische negative Schuldanerkenntnis bewirkt, dass der Gläubiger mit rechtlichen oder tatsächlichen Einwendungen gegen das Erlöschen der Forderung ausgeschlossen wird, die er bei Abgabe kannte, mit denen er rechnete oder rechnen musste (Ddorf NJW-RR 95, 1524).

 

Rn 20

Ein Anspruch auf Erteilung eines negativen Schuldanerkenntnisses, gleichviel welcher Art, besteht nicht ohne weiteres, sondern bedarf einer besonderen Grundlage (BGH WuM 09, 647 [BGH 30.09.2009 - VIII ZR 238/08]). Das negative abstrakte Schuldanerkenntnis kann kondiziert werden, wenn es trotz des Bestehens von Forderungen erteilt wurde. Allerdings ist es für den Ausschluss der Kondiktion des negativen Anerkenntnisses ausreichend, wenn die Forderung bei der Erteilung des Anerkenntnisses berücksichtigt wurde (§§ 518, 779, 814). Dies ist dann der Fall, wenn der Gläubiger das Bestehen der Forderung kannte. Es reicht aber auch aus, dass der Gläubiger das Bestehen der Forderung für möglich hielt (BGH WM 82, 671). Wird das negative Anerkenntnis iRe Vergleichs erklärt, kann sich die Berücksichtigung auch daraus ergeben, dass ›sämtliche‹ gegenseitigen Forderungen erledigt sein sollen, da dies einen Parteiwillen zur Einbeziehung auch unbekannter Forderungen ausdrückt (zB BGH NJW 03, 1036, 1037 [BGH 09.01.2003 - IX ZR 353/99]). Ist all dies nicht der Fall, besteht ein Kondiktionsanspruch auch beim deklaratorischen negativen Schuldanerkenntnis (Ddorf NJW-RR 95, 1524, 1525). Ein Bereicherungsanspruch besteht, falls das Anerkenntnis aufgrund ei...

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