Rn 11

Die Norm begründet die gem Hs 2 widerlegliche Vermutung, dass Nachbesserung – nicht: Ersatzlieferung (s Rn 15) – mit dem zweiten erfolglosen Versuch fehlgeschlagen ist. Sie gewährt so dem Verkäufer zwei Versuche (Kobl NJW-RR 10, 1501, 1502 [OLG Koblenz 01.04.2010 - 2 U 1120/09]; KG NJW-RR 10, 706, 707 [KG Berlin 27.07.2009 - 12 U 35/08]; Hamm NJW-RR 11, 1423 [OLG Hamm 10.03.2011 - I-28 U 131/10]; zu Ausnahmen s mwN Martis MDR 10, 1294, 1296; aA Jauernig/Berger Rz 4; Woitkewitsch MDR 05, 1268 f). Allerdings führt dies nicht dazu, dass der Käufer eine doppelte Frist gem §§ 281 I 1, 323 I zu setzen hat, sondern dass innerhalb der Frist im Regelfall zwei Versuche gestattet sind, s aber § 475d Rn 5 bei Verbrauchsgüterkauf; die Frist ist entspr zu bemessen (BTDrs 14/6040, 234; vgl auch Bitter/Meidt ZIP 01, 2114, 2117). Nachbesserungsversuche Dritter sind gem § 278 zuzurechnen (LG Saarbrücken v 16.12.13 – 12 O 196/12, juris Rz 29: Mobilitätsgarantie des Herstellers).

I. Fehlschlagen.

 

Rn 12

Trotz Orientierung an § 11 Nr 10 lit b AGBG aF ist ›Fehlschlagen‹ gem der ratio legis enger zu interpretieren (BRHP/Faust Rz 34 f; MüKo/Westermann Rz 9; iE BTDrs 14/6040, 233 f). Es liegt vor, wenn: (1) Mangel nach Ablauf angemessener Frist nicht beseitigt ist (MüKo/Westermann Rz 10) – Basistatbestand, zB 3 erfolglose Nachbesserungsversuche bei Whirlpool mit ungenügender Reinigung des Badewassers (München CR 06, 582); (2) vor Fristablauf nach der noch zur Verfügung stehenden Zeit in Relation zur noch zu leistenden Arbeit Beseitigung unmöglich ist (BRHP/Faust Rz 36) – vorsichtig anzuwendender Ausnahmetatbestand; (3) erfolglose Versuche des Verkäufers die Beseitigung nicht mehr erwarten lassen – wegen der Nähe zur Unzumutbarkeit ebenfalls enger Ausnahmetatbestand; (4) Verkäufer die Nacherfüllung unberechtigt mit erheblichen Nachteilen für den Käufer erschwert (BGH NJW 17, 153 [BGH 26.10.2016 - VIII ZR 240/15] Rz 22); (5) in kurzer Zeit ständig und noch aktuell Mängel auftreten (KG NJW-RR 10, 706, 707 [KG Berlin 27.07.2009 - 12 U 35/08]); es reichen nicht: frühere Fehleranfälligkeit (KG BB 12, 2253), Fehler im Wesentlichen im Bagatellbereich (Oldbg BB 12, 2400 [OLG Oldenburg 04.04.2012 - 3 U 100/11]); (6) neue Mängel infolge Nachbesserung auftreten (Saarbr NJW 07, 3503, 3504 [OLG Saarbrücken 25.07.2007 - 1 U 467/06], Martis MDR 10, 1294, 1297; Zweibr BeckRS 21, 11010 Rz 23). An Fristsetzung trotz angenommenen Fehlschlagens muss sich der Käufer festhalten lassen (§ 242, Saarbr NJOZ 2012, 483, 485).

II. Vermutung.

 

Rn 13

Für die Vermutung eines Fehlschlagens der Nachbesserung nach deren zweimaliger Erfolglosigkeit ist stets zu prüfen, ob besondere Umstände dagegensprechen. Alt 1 stellt va auf sehr komplexe Kaufsachen ab, Alt 2 meint zB schwer zu beseitigende Mängel und Alt 3 ermöglicht eine Berücksichtigung von Einzelfallumständen, zB einer unverschuldeten Störung der Produktionsanlagen des Verkäufers (vgl BGH NJW 07, 504 [BGH 15.11.2006 - VIII ZR 166/06] Rz 15; Saarbr NJW 09, 369, 371 [OLG Saarbrücken 29.05.2008 - 8 U 494/07]; BeckRS 11, 07665). Der Prüfung des Fehlschlagens vorrangig ist die Zuordnung der Beweislast gem Rn 14, so dass die bloße Ungeklärtheit der Ursache eines Mangels trotz Beweisaufnahme kein sonstiger Umstand iSd 2 ist (BGH NJW 09, 1341 [BGH 11.02.2009 - VIII ZR 274/07] Rz 22 f).

III. Beweislast.

 

Rn 14

Entspr § 434 Rn 91 trägt der Käufer nach Annahme der nachgebesserten Kaufsache die Beweislast dafür, dass der Mangel fortbesteht und mithin die Nachbesserung fehlgeschlagen ist (BGH NJW 09, 1341 [BGH 11.02.2009 - VIII ZR 274/07] Rz 15, NJW 11, 1664 [BGH 09.03.2011 - VIII ZR 266/09], Rz 13: Beweis der Identität der Mangelursache bei Fortbestand des Mangelsymptoms nicht erforderlich; Saarbr NJW-RR 13, 620 [OLG Saarbrücken 10.10.2012 - 1 U 475/11-141]); der Beweis ist geführt, wenn Mangel nach kurzer Zeit wieder auftritt und die angewandte Reparaturmethode vom Vorschlag einschlägiger Fachkreise abweicht (Saarbr NJW-RR 12, 285 [OLG Saarbrücken 25.10.2011 - 4 U 540/10 - 168]).

IV. Ersatzlieferung.

 

Rn 15

S 2 definiert nur das Fehlschlagen der Nachbesserung, S 1 setzt aber voraus, dass die Nacherfüllung insgesamt und damit auch die Ersatzlieferung fehlschlagen kann. Die Kriterien in Rn 12 gelten entspr, nicht aber die Vermutung von S 2, so dass schon eine erstmals falsche Ersatzlieferung zu deren Fehlschlagen führen kann (aber nicht muss: BRHP/Faust Rz 37; Staud/Matusche-Beckmann Rz 22 mwN).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge