Gesetzestext

 

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1. wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2. in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) 1Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. 2Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) 1Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. 2Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. 3Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Die für alle verzinslichen Gelddarlehen einschließlich Einlagen in Spar- u Bausparverträge (Stuttg WM 13, 508 u ZIP 15, 2460, 2466; WM 18, 1838, 1839 f; LG Mainz WM 15, 181; LG Nürnberg-Fürth ZIP 15, 1870 f; LG Hannover WM 15, 2100), nicht aber für Zinsswapverträge (Gottschalk/Spiegel WM 17, 2179, 2182 ff) geltende Vorschrift gibt Darlehensnehmern, nicht Inhabern von Sparkassenbriefen (München WM 12, 1535) über § 488 III hinaus weitere ordentliche Kündigungsrechte. Diese sind bei Darlehen mit festem (I) u variablem (II) Zinssatz unterschiedlich. Sie sollen vor überlanger Bindung schützen u Umschuldungen erleichtern. Außerordentliche Kündigungsrechte aus §§ 490 II, 313 u 314 bleiben unberührt.

 

Rn 2

Die Rechte sind halbzwingend ausgestaltet (IV 1). Vereinbarungen, die sie ganz o teilweise ausschließen o erschweren (zB Vorfälligkeitsentschädigung, Vertragsstrafe, keine Rückzahlung nicht verbrauchter Zinsen), sind unwirksam (§ 134; Köln BKR 11, 244, 245 [OLG Köln 27.05.2009 - 13 U 202/08]; Stupp/Mucke BKR 05, 20, 24), Abweichungen zug des Darlehensnehmers sind demgegenüber zulässig. IV 2 macht für enumerativ aufgezählte (Karlsr WM 08, 1551) Darlehensnehmer, die keines besonderen Schutzes bedürfen, eine Ausnahme (dazu Schick AG 19, R260, R261 ff); IV 2 ist analog auf Zweckverbände anzuwenden (LG Frankf WM 14, 1722, 1723 ff; aA Schick AG 19, R260, R261, R262 f). Eine Verpflichtung ggü Dritten zur Nichtausübung eines Kündigungsrechts ist grds wirksam (Karlsr aaO). III schützt den Darlehensgeber.

B. Darlehen mit gebundenem Sollzinssatz (Abs 1, Abs 5 S 2 u 3).

 

Rn 3

Erforderlich ist ein Gelddarlehen (§ 488), das einen festen o für verschiedene Teilzeiträume mehrere feste, nicht lediglich bestimmbare Zinssätze o Zinskorridore (Staud/Mülbert Rz 23; Wiehe/Kleißendorf BKR 16,234, 236) vorsieht, was auch nach Vertragsschluss vereinbart werden kann. Für den Sollzinssatz (= Vertragszinssatz) enthält V eine Legaldefinition. Ein fester Sollzinssatz liegt auch vor, wenn der Zinssatz aus einem fest vereinbarten Referenzzinssatz u einer festgelegten Marge gebildet wird, sowie bei einer Neuverhandlungsklausel ohne Einigungszwang (MüKo/Berger Rz 6 ff).

 

Rn 4

Die echte Abschnittsfinanzierung mit festem Sollzins, Fälligkeit der Valuta nach Ablauf der Zinsbindung u anschließender Vereinbarung eines neuen festen Darlehens (Kettenkredit) unterfällt V 2. Unechte Abschnittsfinanzierungen fallen typischerweise unter V 3 (Ady WM 10, 1305, 1307).

 

Rn 5

Der o die Zinssätze, etwa bei einer Staffelzinsvereinbarung, müssen für die gesamte Vertragslaufzeit fest vereinbart sein. Das ist bei unechten Abschnittsfinanzierungen mit einem Festzinssatz nur für einen Teilzeitraum ohne Vereinbarung eines festen Rückzahlungstermins, sondern Angabe einer Circa-Laufzeit nicht der Fall. Solche Darlehen können Verbraucher nach § 500 I auch während der Festzinsperiode ordentlich kündigen (Staub/Renner Kreditgeschäft Rz 812; Ady WM 10, 1305, 1307; Nobbe WM 11, 625, 632; ...

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