Rn 17

Der Lauf der Widerrufsfrist beginnt nach dem ab 13.6.14 geltenden § 356b I u II, in dem die bisher in §§ 355 III 2, 495 II Nr 2b, 492 VI 4 u 494 VII 2 aF enthaltenen Regelungen ohne sachliche Änderung zusammengefasst werden, nicht vor Vertragsschluss sowie Aushändigung einer Vertragsurkunde, einer Abschrift dieser Urkunde, des schriftlichen Antrags des Darlehensnehmers o einer Abschrift des Antrags mit allen erforderlichen Pflichtangaben nach II durch den Darlehensgeber an den Darlehensnehmer. VI 1, der erst mit Wirkung zum 30.7.10 eingefügt worden ist, eröffnet dem Darlehensgeber die Möglichkeit, Pflichtangaben durch einseitige Erklärung nachzuholen, um die Widerrufsfrist nachträglich in Gang zu setzen. Die Nachholung setzt einen von Anfang an wirksamen Vertragsschluss (etwa weil fehlende Pflichtangaben ausnahmsweise nicht zur Nichtigkeit führen; vgl § 494 Rn 1) o eine Heilung des zunächst formunwirksamen Vertrags nach § 494 II durch Empfang (§ 488 Rn 26 f) o Inanspruchnahme des Darlehens voraus. Die Nachholung, die nicht etwa die Rückgängigmachung der Modifikation des Vertrages nach § 494 bewirkt, muss nach dem ab 13.6.14 geltenden VI 1 auf einem dauerhaften Datenträger, nicht in Textform (so VI 1 vor dem 13.6.14), erfolgen.

 

Rn 18

Für die Heilung ist zu beachten, dass diese grds nach dem Sanktionensystem des § 494 III bis VI erfolgt; dh der Verbraucherdarlehensvertrag erhält auf diese Weise einen gesetzlich modifizierten Inhalt. Dem tragen VI 2 u ab 13.6.14 § 356b III, vorher § 494 VII 2, Rechnung. Die Nachholung der Pflichtangaben kann nur dadurch erfolgen, dass der Darlehensnehmer die in § 494 VII vorgesehene Abschrift in Schriftform erhält, in der die Vertragsänderungen berücksichtigt sind. Die Widerrufsfrist beginnt erst mit Aushändigung dieser neuen Vertragsabschrift (ab 13.6.14 § 356b III, vorher § 495 VII 2). Für die sonstigen Fälle verweist VI 3 auf eine der im ab 13.6.14 geltenden § 356b I, vorher § 355 III 2, genannten Unterlagen, die dem Darlehensnehmer spätestens im Zeitpunkt der Nachholung der Angaben in Schriftform zur Verfügung stehen müssen.

 

Rn 19

Die nachgeholten Pflichtangaben müssen sich auf den Inhalt des zuvor geschlossenen (geheilten) Vertrags beziehen, dürfen also nicht ihrerseits Vertragsänderungen enthalten. Es müssen nur solche Pflichtangaben nachgeholt zu werden, die für den konkreten Verbraucherdarlehensvertrag noch Relevanz haben (Köln ZIP 19, 110, 119; MüKo/Weber Rz 52; Herresthal ZIP 18, 753, 759 ff). Auszuschließen ist dies zB für die Angabe nach Art 247 § 7 Nr 3 EGBGB. Denn finden sich nicht schon ›im Vertrag‹ entsprechende Angaben, ist ein Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung nach § 502 II Nr 2 dauernd ausgeschlossen (BTDrs 17/1394, 16) – die Widerrufsfrist beginnt trotz der fehlenden Angabe zu laufen (BGH WM 20, 1627 Rz 23 ff; Jungmann BKR 20, 629, 633 f).

 

Rn 20

Die Widerrufsfrist verlängert sich bei Nachholung einer Pflichtangabe nach II auf einen Monat (ab 13.6.14 § 356b II 2, vorher § 492 VI 4 aF) ab Erhalt der nachgeholten Angaben (ab 13.6.14 VI 4, vorher VI 5). Bei der Nachholung ist der Darlehensnehmer nach der ab 13.6.14 geltenden Fassung von VI 4 auf einem dauerhaften Datenträger darauf hinzuweisen, dass die Widerrufsfrist erst nach Erhalt der nachgeholten Angaben beginnt. Der Hinweis ist zwar nicht Voraussetzung für den Beginn der Widerrufsfrist (BTDrs 17/17/1394, 18). Der Unternehmer kann aber nach § 280 I schadensersatzpflichtig sein, wenn er seine vorgenannte Informationspflicht verletzt (Erman/Nietsch Rz 35).

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