Gesetzestext

 

(1) Bevor der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer individuelle Empfehlungen zu einem oder mehreren Geschäften erteilt, die im Zusammenhang mit einem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag stehen (Beratungsleistungen), hat er den Darlehensnehmer über die sich aus Artikel 247 § 18 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche ergebenden Einzelheiten in der dort vorgesehenen Form zu informieren.

(2) 1Vor Erbringung der Beratungsleistung hat sich der Darlehensgeber über den Bedarf, die persönliche und finanzielle Situation sowie über die Präferenzen und Ziele des Darlehensnehmers zu informieren, soweit dies für eine passende Empfehlung eines Darlehensvertrags erforderlich ist. 2Auf der Grundlage dieser aktuellen Informationen und unter Zugrundelegung realistischer Annahmen hinsichtlich der Risiken, die für den Darlehensnehmer während der Laufzeit des Darlehensvertrags zu erwarten sind, hat der Darlehensgeber eine ausreichende Zahl an Darlehensverträgen zumindest aus seiner Produktpalette auf ihre Geeignetheit zu prüfen.

(3) 1Der Darlehensgeber hat dem Darlehensnehmer auf Grund der Prüfung gemäß Absatz 2 ein geeignetes oder mehrere geeignete Produkte zu empfehlen oder ihn darauf hinzuweisen, dass er kein Produkt empfehlen kann. 2Die Empfehlung oder der Hinweis ist dem Darlehensnehmer auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen.

A. Allgemeines; Anwendungsbereich; Beratungsvertrag.

 

Rn 1

Die halbzwingende (§ 512 1) Vorschrift, in Kraft seit 21.3.16 (§ 491 Rn 7), setzt beschränkt auf Immobiliar-Verbraucherdarlehen Art 22 WoImmoKrRL um. Eine Beratungspflicht begründet sie nicht (Buck-Heeb/Lang ZBB 16, 320, 328). Anwendung findet sie vielmehr nur, wenn der Darlehensgeber mit einem Verbraucher ausdrücklich o konkludent einen Beratungsvertrag schließt (BTDrs 18/5922, 121; aA BeckOGK/Harnos Rz 20 Nebenpflicht aus § 241 II genügt; U. Krüger BKR 16, 397, 401 f vorvertragliche Nebenpflicht), was bei Immobiliar-Verbraucherdarlehen (Bauberatung) die Regel ist (Buck-Heeb/Lang ZBB 16, 320, 329). Verpflichtet ist er dazu nicht (F.L. Schäfer VuR 14, 207, 214; Buck-Heeb BKR 15, 179, 182; ZIP 18, 705 f). Ein Beratungsvertrag kommt – wie bei der Anlageberatung – bereits dann zustande, wenn der Darlehensgeber auf Bitte des Darlehensnehmers o von sich aus in eine Beratung eintritt, auch wenn kein Entgelt gefordert wird (BGHZ 123, 126, 126; 178, 149, 152, Rz 9; 205, 117, Rz 23; WM 18, 268 Rz 32; 16, 821 Rz 21; 14, 1621 Rz 21 ff; 09, 2360 Rz 13; WM 09, 2303 Rz 13; BKR 08, 199 Rz 12 WM 04, 422, 423; Ddorf WM 17, 2059, 2060; Harnos BKR 18, 99, 101; Buck-Heeb ZIP 18, 705, 707; Nobbe WM 11, 625, 628). Ein solcher Vertrag wird unter denselben Voraussetzungen auch bei einem Allgemein-Verbraucherdarlehen geschlossen (Buck-Heeb ZIP 18, 705, 709); § 511 ist dann aber nicht anwendbar. Wendet sich der Verbraucher mit einem bestimmten Darlehenswunsch etwa zum Kauf eines PKW an den Darlehensgeber u geht dieser darauf ein, kommt kein Beratungsvertrag zustande (Hamm, Urt v 15.1.13 – 34 U 3/12, juris, Rz 62; Buck-Heeb BKR 14, 221, 229).

 

Rn 2

Zwingende Voraussetzung für einen Beratungsvertrag ist eine vom Darlehensgeber übernommene Verpflichtung zu einer individuellen Empfehlung im Zusammenhang mit einem Verbraucherdarlehen, gleichgültig (s III 1) ob ein Darlehensvertrag zustande kommt. Die auf einen Zusammenhang mit einem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag abstellende Legaldefinition in I ist insofern ungenau. Durch die Pflicht zur Erteilung einer individuellen, den Verhältnissen des Verbrauchers entsprechenden Empfehlung unterscheidet sich die Beratungs- von einer bloßen Informations- (§ 491a I) u einer Erläuterungspflicht (§ 491a III; BTDrs 18/592, 105; Nobbe WM 11, 625, 628).

 

Rn 3

Die in drei Abs gegliederte Vorschrift enthält in I eine Art 4 Nr. 21 WoImmoKrRL folgende Legaldefinition für Beratungsleistungen u bezeichnet die drei Stufen des Beratungsprozesses: I enthält die vorvertraglichen Informationspflichten des Darlehensgebers nach Art 247 § 18 EGBGB, II konkretisiert die vor Erteilung der Empfehlung bestehenden Explorations- u Prüfungspflichten (2. Stufe), III regelt die Pflichten in der 3. Stufe bei der Erteilung der Empfehlung (MüKo/Weber Rz 2).

B. Rechtspflichten des Darlehensgebers.

I. Informationspflichten des Darlehensgebers (Abs 1).

 

Rn 4

Die schon in Art 22 II WoImmoKrRL vorgeschriebene vorvertragliche Informationspflicht des Darlehensgebers erstreckt sich darauf, ob er ein Beratungsentgelt verlangt, wie hoch dies ist bzw, wenn sich die Höhe noch nicht bestimmen lässt, nach welcher Methode es berechnet wird (Art 247 § 18 I 1 Nr 1, S 2 EGBGB). Außerdem muss der Darlehensgeber zur Orientierung des Verbrauchers darüber informieren, ob er nur o im Wesentlichen über eigene Kreditprodukte berät o auch über eine größere Anzahl fremder (Art 247 § 18 I 1 Nr 2 EGBGB).

 

Rn 5

Die vorgenannten Informationspflichten sind nicht abschließend. Weitere ergeben sich aus § 242. Danach muss der Verbraucher unter Berücksichtigung seiner Geschäfts(un)erfahrenheit (Buck-Heeb ZIP 18, 705, 710) richtig u vollständig über alle Umstände, insb Risiken u Belastungen, informiert werden, die fü...

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