1. Allgemeines.

 

Rn 34

Im Prinzip sind die mit dem Ziel eines Vertragsschlusses verhandelnden Parteien wegen des Grundsatzes der Vertragsfreiheit (Rn 22) bis zum Vertragsschluss in ihrem Entscheidungsspielraum nicht eingeschränkt (Abschlussfreiheit; s.a. Vor §§ 145 ff Rn 14 ff). Dies gilt selbst dann, wenn einer der Beteiligten in Erwartung des angestrebten Vertragsschlusses bereits Aufwendungen gemacht hat, die sich im Falle des Scheiterns der Verhandlungen als nutzlos erweisen (BGH NJW-RR 89, 627; Ddorf ZMR 00, 203). Ein Zwang zum Vertragsabschluss (s.a. Vor §§ 145 ff Rn 17 ff) kann sich aber aus einem Mietvorvertrag (BGH ZMR 93, 55, 56; s Rn 9), einer Nachfolgeklausel (zum Nachmieter s Rn 99) oder aus dem zivilrechtlichen Benachteiligungsverbot (Rn 23 ff) ergeben (s.a. Rn 96). Einen gesetzlichen Abschlusszwang gibt es im Verfahren nach § 1568a V 1 und nach § 14 LPartG. Die Zuweisung einer genossenschaftlich gebundenen Wohnung an den Ehegatten, der nicht der Genossenschaft angehört, führt dabei nicht zu einer unverhältnismäßigen, die Sozialbindung überschreitenden Beschränkung des Eigentumsrechtes (BVerfG ZMR 92, 18). § 1568a V 1 ist nicht analog auf nichteheliche Lebensgemeinschaften (s Rn 95) anwendbar (Hamm WuM 05, 571 [OLG Hamm 11.04.2005 - 4 WF 86/05]; aA LG München I NJW-RR 91, 834). In Ausnahmefällen kann sich auch aus § 826 ein Abschlusszwang ergeben. Dies ist anzunehmen, wenn der Vermieter eine Monopolstellung hat und eine Vermietung ohne sachlichen Grund ablehnt, obwohl der Mietinteressent auf die Mietsache angewiesen ist und sie anderweitig nicht oder nur unter unzumutbaren Erschwerungen erhalten kann (RGZ 133, 388, 392). Der marktbeherrschende Vermieter ist nicht nur verpflichtet, den aktuellen Bedarf auf dem Wege der Ausschreibung zu ermitteln. Wenn er entspr Flächen vermietet, darf er den Marktzutritt nach § 20 I GWB für aktuelle und potenzielle Wettbewerber des Mieters nicht für einen längeren Zeitraum als 5 Jahre blockieren. Er muss die Räumlichkeiten in entspr Abständen neu ausschreiben (BGH NZM 21, 556 Rz 14; ZMR 03, 651, 653; s.a. Köln MietRB 08, 10).

2. Schadensersatz.

 

Rn 35

Eine vom Vermieter in Vertragsverhandlungen erteilte, aber nicht eingehaltene Zusage kann eine Haftung aus § 311 II begründen (BGH WuM 67, 788). Eine Ersatzpflicht kann auf Grund der beiderseitigen Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme außerdem dann bestehen, wenn eine der Parteien die Verhandlungen ohne triftigen Grund abbricht, nachdem sie in zurechenbarer Weise bei dem anderen Teil Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrags geweckt hat, wenn also nach dessen Vorstellungen die Annahme gerechtfertigt war, es werde mit Sicherheit zum Abschluss kommen (BGH NJW-RR 89, 627; ZMR 77, 149; Ddorf ZMR 00, 203). Eine Haftung ist zu verneinen, wenn der ›Mieter‹ mangels konkreter Einigung über den wesentlichen Inhalt der beabsichtigten vertraglichen Regelung noch mit einem Scheitern der Verhandlungen rechnen musste, so dass gleichwohl getätigte Aufwendungen seinem eigenen Risikobereich zuzuordnen sind (Ddorf NJW-RR 88, 988 [OLG Düsseldorf 29.10.1987 - 6 U 77/87]). Stellt jemand zB einem in Aussicht genommenen ›Mieter‹ den Vertragsabschluss als sicher dar und gestattet er ihm schon die Bebauung, kann sich eine Schadensersatzpflicht ergeben, wenn der Vertrag an wesentlich neuen Bedingungen später scheitert (LG München II ZMR 66, 328). Ein Vertrauensschutz ist aber noch nicht gegeben, wenn der Vermieter eine Vollmacht für einen Zeugen unterzeichnet, um beim Bauamt Einsicht in Akten zu nehmen oder Freihandskizzen gefertigt und dem Mieter vorgelegt werden oder wenn der Vermieter mitteilt, ein Mietvertrag werde unterzeichnet, wenn alle behördlichen Genehmigungen erteilt seien.

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