Gesetzestext

 

(1) 1Der Vermieter darf die Entfernung der Sachen, die seinem Pfandrecht unterliegen, auch ohne Anrufen des Gerichts verhindern, soweit er berechtigt ist, der Entfernung zu widersprechen. 2Wenn der Mieter auszieht, darf der Vermieter diese Sachen in seinen Besitz nehmen.

(2) 1Sind die Sachen ohne Wissen oder unter Widerspruch des Vermieters entfernt worden, so kann er die Herausgabe zum Zwecke der Zurückschaffung auf das Grundstück und, wenn der Mieter ausgezogen ist, die Überlassung des Besitzes verlangen. 2Das Pfandrecht erlischt mit dem Ablauf eines Monats, nachdem der Vermieter von der Entfernung der Sachen Kenntnis erlangt hat, wenn er diesen Anspruch nicht vorher gerichtlich geltend gemacht hat.

A. Grundsätzliches.

 

Rn 1

Der Vermieter hat beim besitzlosen Vermieterpfandrecht nur unter den Voraussetzungen des § 562b I 2 iVm §§ 562, 562a 2 bzw – was aus § 562b II 1 nicht hervorgeht – zum Zwecke der Pfandverwertung ein Recht, die Sache selbst in Besitz zu nehmen. Nimmt der Vermieter verfrüht eine Sache des Mieters in Besitz, kann er ggü einer Vindikation nicht § 986 einwenden. Wird die Sache unberechtigt vom Grundstück entfernt, kann der Vermieter vor Auszug des Mieters oder Verwertbarkeit Herausgabe nicht an sich, sondern nur an den Mieter verlangen. Vor Auszug kann der Vermieter Herausgabe an sich selbst nur dann verlangen, wenn er die Sache aufgrund einer fälligen Forderung (Pfandreife) verwerten will.

 

Rn 2

Der Vermieter hat einen Anspruch darauf, dass die Sachen im Mietobjekt verbleiben, da andernfalls ein Erlöschen des Vermieterpfandrechts droht. Der Vermieter kann gem § 562b I den Erhalt bzw gem § 562b II die Wiederherstellung seiner Sicherungssituation durchsetzen. Die unberechtigte Wegschaffung einer Pfandsache entgegen einem Widerspruch des Vermieters kann den Straftatbestand der Pfandkehr (§ 289 StGB) erfüllen, auch wenn der Vermieter idR gar keinen unmittelbaren Besitz an der Sache hat (BayObLG WuM 81, 165). Nach hM darf der Gerichtsvollzieher die betroffenen Sachen auch bei Streit um Pfandrecht oder Pfändbarkeit nicht vom Grundstück entfernen (BGH ZMR 10, 98 = NZM 09, 660) und hat es dem Schuldner zu überlassen, hiergegen auf dem Rechtsweg vorzugehen (AG Leverkusen DGVZ 96, 75; Riecke DGVZ 04, 147). Nach aA hat der Gerichtsvollzieher die unpfändbaren Sachen auszusondern und dem Gläubiger zu überlassen (AG Königswinter DGVZ 89, 174) bzw analog § 815 II ZPO zu hinterlegen (H. Schneider DGVZ 89, 148). Andere wenden § 811 ZPO analog an und halten den Gerichtsvollzieher zur Verwahrung verpflichtet, soweit die Grenzen der Unpfändbarkeit reichen (Schilken DGVZ 88, 58).

B. Selbsthilferecht.

I. Allgemeines.

 

Rn 3

§ 562b I regelt ein speziell ausgestaltetes Selbsthilferecht (BGH ZMR 06, 23; Kobl NZM 05, 784), das weniger voraussetzt als die §§ 229 f, die daneben anwendbar bleiben (Celle ZMR 94, 163, 164) und nicht so weit wie das Selbsthilferecht nach § 859 I reicht, da gegen den Vermieter mangels unmittelbaren Besitzes keine verbotene Eigenmacht (§ 858 I) verübt werden kann. Voraussetzungen und Grenzen des Selbsthilferechts können durch Vertrag nicht erweitert werden (München WuM 89, 128, 132 [OLG München 12.01.1989 - 29 U 2366/88]). Ebenso wenig kann die gesetzliche Ausschlussfrist des § 562b II 2 verlängert werden. Zahlt der Mieter nicht nur die Miete nicht, sondern entfernt seine in das Mietobjekt eingebrachten Sachen vom Grundstück und gefährdet dadurch das Pfandrecht des Vermieters, so steht dem Vermieter ein Selbsthilferecht zu, das er als ultima ratio auch in der Form ausüben kann, dass er die Schlösser auswechselt (LG Berlin GE 13, 418).

II. Voraussetzungen.

 

Rn 4

An der nicht unpfändbaren Sache des Mieters muss ein noch nicht erloschenes Vermieterpfandrecht entstanden sein. Es muss eine Entfernung der Sache vom Mietobjekt vorliegen. Entfernung ist ein Realakt und bedeutet das rein tatsächliche Hinausschaffen des Pfandgegenstandes aus dem Mietobjekt. Nach hM (Karlsr WuM 71, 187) reicht auch eine nur vorübergehende Entfernung aus (Hamm MDR 81, 407, LG Neuruppin NZM 00, 962).

 

Rn 5

Auch die Wegschaffung durch den Gerichtsvollzieher bzw den Insolvenzverwalter ist eine Entfernung (str). Allerdings steht dem Vermieter hiergegen kein Selbsthilferecht zu, sondern er ist hiernach nur noch durch § 805 ZPO geschützt. Bloße Pfändung der Sache ohne Wegschaffung (§ 808 II ZPO) ist keine Entfernung.

 

Rn 6

Die Entfernung muss gerade im Gange sein. Das Selbsthilferecht (Horst NZM 22, 234) besteht nur, solange die Entfernungshandlung andauert. Es kann nicht ausgeübt werden, bevor mit der Entfernung begonnen wird (Ddorf ZMR 83, 376). Eigenmächtige Maßnahmen zur vorsorglichen Verhinderung der Entfernung sind daher unzulässig (LG Hamburg ZMR 78, 20) und stellen ggfs verbotene Eigenmacht dar (Celle ZMR 94, 263 zum Aussperren durch Auswechseln der Schlösser). Die bloße Absicht des Mieters, die Sache zu entfernen, genügt nicht (Celle ZMR 94, 163, 164). Deshalb kann das Selbsthilferecht noch nicht ausgeübt werden, wenn der Mieter über den Verkauf eingebrachter Sachen erst verhandelt (LG Freiburg WuM 97, ...

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