Rn 9

Die unterlassene oder fehlerhafte Befundsicherung begründet zu Gunsten des Patienten eine Beweislastumkehr bzgl der Tatsache, dass eine nicht dokumentierte Maßnahme, zB die Verabreichung eines Medikaments, nicht erfolgt ist (Rehborn GesR 13, 257, 270). Die Vermutung darf den Patienten nicht besserstellen, als er bei einer ordnungsgemäßen Befunderhebung und -sicherung gestanden hätte. Sie reicht nur so weit, dass der Befund ein reaktionspflichtiges Ergebnis gebracht hätte, nicht aber so weit, dass ein eingetretener Schaden bei angemessener Reaktion auf dieses Ergebnis vermieden worden wäre. Der Nachweis der Kausalität zwischen nicht ordnungsgemäßer Befundsicherung und eingetretenem Schaden wird dem Patienten demnach nicht erlassen, sondern allenfalls erleichtert (Kubella S 172). Zeitlich begrenzt ist die Vermutungswirkung dergestalt, dass nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist eine Vernichtung der Befunde oä nicht mehr zu einer Beweislastumkehr führt (BTDrs 17/10488 S 30). Zu der Frage, ob einer elektronischen Dokumentation, die nachträgliche Änderungen entgegen § 630f I nicht erkennbar macht, eine positive Indizwirkung dahingehend zukommt, dass die dokumentierte Maßnahme von dem Behandelnden tatsächlich getroffen worden ist, BGH NJW 21, 2364 [BGH 27.04.2021 - VI ZR 84/19] Rz 27 f (verneint).

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