Rn 4

Wird in einem Werkvertrag eine Vergütungsvereinbarung getroffen oder ist die Vergütung aus dem Vertrag bestimmbar, findet § 632 keine Anwendung (so beim Einheitspreisvertrag oder bei Vereinbarung eines Stundenlohns – BGH NJW 02, 1107; BGHZ 132, 229). Der Besteller schuldet dann die vereinbarte Vergütung. Eine Vergütung ist nicht vereinbart, wenn die Vertragsparteien die Frage der Vergütung weder positiv noch negativ geregelt haben (BGH ZfBR 95, 16 [BGH 14.07.1994 - VII ZR 53/92]; Köln NJW-RR 02, 1425 [OLG Köln 30.04.2001 - 19 W 12/01]).

 

Rn 5

Für das Architekten- und Ingenieurfach ergibt sich das geschuldete Honorar entweder aus der bei Vertragsschluss getroffenen Vergütungsabrede (§ 7 I HOAI); sonst gilt das auf der Grundlage der bindenden Preisvorgaben der HOAI zu ermittelnde Mindesthonorar als vereinbart (§ 7 VI HOAI). Die Architektenvergütung ist also immer ›vereinbart‹ iSd § 631 I, so dass § 632 I, II schon deshalb keine Anwendung findet. Es kommt für die Bestimmung der Vergütung der Architekten und Ingenieure iRd Geltungsbereichs der HOAI also weder auf die Üblichkeit der sich hieraus ergebenden Honorarsätze (so zutr: Korbion/Mantscheff/Vygen/Vygen § 1 Rz 3 mwN), noch auf die Rechtsnatur der HOAI als Taxe iSd § 632 II an. Sie stellt vielmehr in der dargestellten Weise bindendes Preisrecht für Architekten- und Ingenieurleistungen dar, wenn das geschuldete Werk nach seinem Gesamtbild durch die in ihr beschriebenen Leistungsbilder geprägt wird (das ist nicht der Fall, wenn Architekten- und Ingenieurleistungen lediglich untergeordneter Bestandteil einer werkvertraglichen Gesamtleistung sind – für Bauträgervertrag: Köln NJW-RR 00, 611 [OLG Köln 10.12.1999 - 19 U 19/99]). Die HOAI findet unabhängig von der schuldrechtlichen Einordnung des Vertrages Anwendung auf die von ihrem Regelungsbereich umfassten Leistungen (BGH NJW-RR 00, 1333), auch wenn sie nicht von Architekten oder Ingenieuren erbracht werden (BGH BauR 97, 677; BauR 98, 813). Sie gibt allerdings lediglich den Rahmen für die Höhe der Vergütung (und damit für Vergütungsvereinbarungen, BGH NJW-RR 05, 669 [BGH 16.12.2004 - VII ZR 16/03]) durch Mindest- und Höchstsätze vor, regelt jedoch weder das ›Ob‹ eines Vergütungsanspruches noch sonstige Umstände, nach denen Leistung nur gegen Vergütung zu erwarten ist (BGH NJW 97, 3017). Folge der Mindestsatzunterschreitung ist – sofern kein Ausnahmefall vorliegt (bejaht bei Angemessenheit, BGH BauR 97, 677 oder persönlichen/sozialen Gründen, Köln NJW-RR 99, 1109) – die Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung, dh der Architekt kann den Mindestsatz verlangen. Mit Urt v 4.7.19 (C-377/17, NJW 19, 2529) hat der EuGH entschieden, dass das in § 7 HOAI manifestierte nationale Preisrahmenrecht gg die DienstleistungsRL verstößt und neu geregelt werden muss. Der BGH hat daraufhin in einem hieran anknüpfenden Vorlagebeschluss v 14.5.20 (VII ZR 174/19, NZBau 20, 447) seine Auffassung angedeutet, dass die DienstleistungsRL keine unmittelbare Anwendung iRv Honorarstreitigkeiten zwischen dem Besteller und dem Architekten entfaltet, sodass auch die Bestimmungen in § 7 HOAI bis zu einer nationalen Neuregelung wirksam sind und beachtet werden müssen. Bei Vereinbarung eines unter den Mindestsätzen liegenden Pauschalhonorars und schutzwürdigem Vertrauen des Bauherrn hierauf (hat vertraut, durfte vertrauen und hat sich darauf bei der Vermarktung des Bauobjekts eingerichtet, dh kann nicht beim Käufer nachfordern, BGH BauR 98, 815), soll das spätere Verlangen der Mindestsätze hingegen treuwidrig sein (§ 242; BGH BauR 97, 677; Dresd IBR 05, 496; vgl auch BGH BauR 09, 262 – zu den nämlichen Kriterien für die Bindung des Architekten an seine Schlussrechnung). Kein schutzwürdiges Vertrauen und damit keine Beschränkung auf den Mindestsatz besteht hingegen bei einem Generalplaner, der sowohl mit dem Bauherrn als auch mit seinem Subplaner Abrechnung unter den Mindestsätzen vereinbart hat, da er als Architekt um die Mindestsätze wusste (Kobl IBR 06, 35). Bzgl der Unterschreitung der Mindestsätze ist der Beschl des BVerfG v 26.9.05 zu beachten. Danach soll eine ›grundrechtsgeleitete Interpretation‹ des § 4 II HOAI, jetzt § 7 II HOAI, zum Ergebnis führen, dass das Verbot der Unterschreitung der Mindestsätze grds nicht für die Vergütung von Wettbewerbsbeiträgen gilt (BVerfG NJW 06, 495). Fordert der Architekt nach Kündigung des Vertrages Honorar für erbrachte Leistungen, hat er diese in der Schlussrechnung im Einzelnen darzulegen, wie auch das auf der Grundlage der Honorarvereinbarung ermittelte anteilige Honorar (BGH NJW-RR 05, 749; zu der vom BGH ›wiederentdeckten‹ Anwendung von Tabellen für die Abrechnung und die Bemessung der Minderung [Steinfort-, Siemon-Tabelle] vgl BGH BauR 04, 1640, abl dagegen Schramm/Schwenker IBR-Online 18.8.05) Bei Kündigung des Architektenvertrags soll der Architekt den auf der Grundlage der Honorarvereinbarung ermittelten Anteil eines Pauschalhonorars auch dann verlangen können, wenn dieses unter den Mindestsätzen l...

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