Rn 10

Bei vergleichbaren Risikolagen ist eine analoge Anwendung der Gefahrtragungsregelung des § 645 in Betracht zu ziehen. Diese kann bspw der Fall sein, wenn das Werk durch einen zufälligen Untergang des Werkstoffes unausführbar wird, bevor dieser in die Sphäre des Unternehmers gelangt ist (zB das frei zu schleppende Schiff sinkt; das zu renovierende Bauwerk brennt nieder). Auch die Fälle der Zweckerreichung gehören uU hierher (frei zu schleppendes Schiff kommt durch einsetzende Flut von selbst noch vor dem Eintreffen des Schleppunternehmers frei). Schließlich wird eine analoge Anwendung auch in besonders gelagerten Einzelfällen zu erwägen sein, in denen die Leistung des Unternehmers aufgrund von Umständen untergeht oder unausführbar wird, die in der Person des Bestellers begründet liegen oder auf dessen Handlungen zurückgehen (BGHZ 136, 303; 137, 35). Diese Voraussetzungen hat der BGH im sog ›Schürmannbaufall‹ (BGH BauR 97, 1019) wegen eines vom Besteller nicht zweckentspr gewährleisteten Hochwasserschutzes für gegeben erachtet (vgl auch BGHZ 40, 71 – vom Besteller eingebrachtes Heu entzündet sich in der neu hergestellten aber noch nicht abgenommen Scheune; Köln OLGZ 75, 323 – Besteller lässt Schweißarbeiten ausführen, die das Werk in Brand setzen; weitere Bsp bei Grüneberg/Retzlaff §§ 644, 645 Rz 8).

 

Rn 11

Aus alledem lässt sich indes nicht der allg Grundsatz ableiten, dass der Besteller stets die Vergütungsgefahr zu tragen hat, wenn die für die Beeinträchtigung der Werkausführung iSd § 645 I ursächlichen Umstände aus seiner Sphäre stammen (wie hier: Grüneberg/Retzlaff §§ 644/645 Rz 9; AnwK/Raab § 645 Rz 18 mwN). Eine von den allg Grundsätzen abw Verteilung des Vergütungsrisikos lässt sich vielmehr nur durch eine am Einzelfall orientierte Parallelwertung zu den durch § 645 I vorgegebenen Beurteilungsmaßstäben rechtfertigen, die keineswegs immer schon dann erfüllt sind, wenn der beeinträchtigende Umstand in nicht näher qualifizierter Weise aus der Risikosphäre des Bestellers stammt (vgl: Hamm BauR 80, 576; München ZfBR 92, 33).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge