Gesetzestext

 

(1) 1Begehrt der Besteller

1. eine Änderung des vereinbarten Werkerfolgs (§ 631 Absatz 2) oder
2. eine Änderung, die zur Erreichung des vereinbarten Werkerfolgs notwendig ist,

streben die Vertragsparteien Einvernehmen über die Änderung und die infolge der Änderung zu leistende Mehr- oder Mindervergütung an. 2Der Unternehmer ist verpflichtet, ein Angebot über die Mehr- oder Mindervergütung zu erstellen, im Falle einer Änderung nach Satz 1 Nummer 1 jedoch nur, wenn ihm die Ausführung der Änderung zumutbar ist. 3Macht der Unternehmer betriebsinterne Vorgänge für die Unzumutbarkeit einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 geltend, trifft ihn die Beweislast hierfür. 4Trägt der Besteller die Verantwortung für die Planung des Bauwerks oder der Außenanlage, ist der Unternehmer nur dann zur Erstellung eines Angebots über die Mehr- oder Mindervergütung verpflichtet, wenn der Besteller die für die Änderung erforderliche Planung vorgenommen und dem Unternehmer zur Verfügung gestellt hat. 5Begehrt der Besteller eine Änderung, für die dem Unternehmer nach § 650c Absatz 1 Satz 2 kein Anspruch auf Vergütung für vermehrten Aufwand zusteht, streben die Parteien nur Einvernehmen über die Änderung an; Satz 2 findet in diesem Fall keine Anwendung.

(2) 1Erzielen die Parteien binnen 30 Tagen nach Zugang des Änderungsbegehrens beim Unternehmer keine Einigung nach Absatz 1, kann der Besteller die Änderung in Textform anordnen. 2Der Unternehmer ist verpflichtet, der Anordnung des Bestellers nachzukommen, einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 jedoch nur, wenn ihm die Ausführung zumutbar ist. 3Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

A. Anwendungsbereich; Regelungsgehalt.

 

Rn 1

Die Vorschrift ist durch Art 1 Nr 25 BauVtrRRefuaG eingefügt worden. Sie gilt gem Art 229 § 39 EGBGB für alle nach dem 31.12.17 geschlossenen Schuldverhältnisse. § 650b regelt zusammen mit § 650c, wann und mit welchem Inhalt es zu einer vom Besteller gewünschten Änderung des ursprünglichen Inhalts eines Bauvertrags (§ 650a I 2) (sowie nach § 650q auch Architekten- und Ingenieurvertrags) kommt (keine Anwendung findet § 650b auf einen Bauträgervertrag, § 605u II). Die hiernach eröffneten Möglichkeiten modifizieren den im Vertragsrecht geltenden Grds ›pacta sunt servanda‹. Sie ähneln insoweit in den Rechtsfolgen den §§ 313, 315–318.

B. Änderungsbegehren des Bestellers (§ 650b I).

I. Versuch des Einvernehmens.

 

Rn 2

I setzt das Begehren des Bestellers auf bestimmte Änderungen des Vertrags voraus. Da bereits das Begehren des Bestellers Rechtsfolgen auslöst, dürfte es als rechtsgeschäftsähnliche Handlung (vgl Kniffka/Jurgeleit/von Rintelen, Bauvertragsrecht § 650b Rz 81) nach den Regeln für Willenserklärungen (vgl zB § 130 Rn 2) zu beurteilen sein. Die Vorschrift unterscheidet zwischen einer Änderung des vereinbarten Werkerfolgs (I 1 Nr 1) (s Rn 79) und einer Änderung, die zur Erreichung des vereinbarten Werkerfolgs notwendig ist (I 1 Nr 2) (s Rn 1015). Über ein solches Begehren einschließlich einer etwaigen Änderung der Vergütung streben die Parteien zunächst Einvernehmen an (S 1). Inwieweit hieraus konkrete Mitwirkungspflichten oder -obliegenheiten abzuleiten sind, wird stark vom Einzelfall abhängen. Jedenfalls wird man iSd vom BGH ohnehin bereits für Bauverträge angenommenen Kooperationspflicht (vgl BGH BauR 96, 524; BauR 00, 409) davon ausgehen müssen, dass die Parteien regelmäßig zu einem Meinungsaustausch u einer ernsthaften und nicht verzögerten Verhandlung über das Begehren u die gegenseitigen Vorschläge verpflichtet sind.

II. Angebot über Vergütungsänderung (§ 650b I 2).

 

Rn 3

Eine konkrete Pflicht benennt I 2: Der Unternehmer ist als Reaktion auf ein zulässiges Änderungsbegehren des Bestellers (also bei einer Änderung nach I 1 Nr 1 nur, wenn sie ihm zumutbar ist, s Rn 9) verpflichtet, ein Angebot über die mit der Änderung verbundene Mehr- oder Mindervergütung zu erstellen (I 2). Dies wird unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern) geschehen müssen. Trägt der Besteller nach dem bisherigen Vertrag die Planungsverantwortung, gilt das nur, wenn er dem Unternehmer zuvor die Planung der Änderung zur Verfügung stellt (I 4). Unklar ist, was gilt, wenn der Besteller das unterlässt. Nach dem Sinn (vorrangig einvernehmliche Änderung) muss dies negative Folgen für ihn haben: Es entsteht deshalb dann kein Anordnungsrecht nach II (ebenso D/L/O/P/S/Oberhauser, § 2 Rz 88; aA Grüneberg/Retzlaff § 650b Rz 11). Verletzt der Unternehmer seine Pflicht zur Angebotserstellung, kann das nach allg Grs Folgen haben: Schadensersatz gem § 280 I, Kündigung aus wichtigem Grund gem § 648a (Orlowski, BauR 17, 1427, 1430; aA BeckOGK/Mundt BGB nF § 650b Rz 46, 78 f: bloße Obliegenheit).

 

Rn 4

Das gesetzlich vorgesehene Verfahren, das ein Einvernehmen der Parteien anstrebt, ist auch insoweit ernst zu nehmen, als die Vergütungsfrage auch bei klaren Fällen der Notwendigkeit oder Zumutbarkeit einer Änderung (und damit Durchsetzbarkeit einer entsprechenden Anordnung) möglichst von vornherein zu klären ist. Zum Schutz des Bestellers folgt das daraus, dass dieser eine Grundlage erhalten soll, um sachgerecht entscheiden zu können, ob er das Begehren zur Änderung de...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?