Gesetzestext

 

Ein Unternehmer, der Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilungen an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen hat, hat dem Verbraucher diesen Preis zu leisten.

A. Einführung.

 

Rn 1

Die dem § 5j österreichisches Konsumentenschutzgesetz v 19.8.99 nachgebildete Vorschrift wurde im Zuge der Umsetzung der FernabsatzRL eingeführt, ist selbst aber nicht europarechtlich veranlasst. Sie wird rechtspolitisch kritisiert (ua Erman/Ehmann Rz 5; BRHP/Kotzian-Marggraf Rz 10; Hoffmann Verfahrensrechtliche Aspekte grenzüberschreitender Gewinnzusagen nach § 661a BGB, 2007, 180 ff), ist aber verfassungskonform (BGH NJW 03, 3620 [BGH 16.10.2003 - III ZR 106/03]; Nichtannahmebeschl BVerfG NJW 04, 762), jedenfalls soweit das Verhältnismäßigkeitsprinzip gewahrt wird (BGH aaO 3621 aE; Mörsdorf-Schulte JZ 05, 780), u auch vereinbar mit der RL 2007/29/EG gegen unlautere Geschäftspraktiken (BGH WM 09, 126).

 

Rn 2

Zweck ist – mit ähnl generalpräventiver Zielsetzung wie § 241a (Lorenz IPRax 02, 192; HK-BGB/Schulze Rz 1), aber anders als Strafschadensersatz (BGH NJW 03, 3620) – der Schutz des Verbrauchers: Diesem sollen nicht mit ›leeren‹ Gewinnversprechen Warenangebote aufgedrängt werden, mit denen er sich nicht befassen möchte. Er wird daher in die Lage versetzt, den Unternehmer beim Wort zu nehmen u den mitgeteilten Gewinn zu verlangen (BTDrs 14/2658, 48/49). Daneben setzt der Versender sich ggf Deliktsansprüchen (BGH WM 09, 127) u wettbewerbsrechtlichen Sanktionen aus (vgl Nr 17 Anh zu § 3 III NWG, BGBl 08 I 2949, eingef aufgrd UGP-RL 2005/29/EG Abl EU L 149/2005/22, dazu EuGH C-428/11 – Purely Creative, EU:C:2012:651 m Anm Köhler GRUR 12,1211; BGH NJW 03, 3620; Meller-Hannich NJW 06, 2516 mwN; Staud/Bergmann Rz 2 mwN; Lorenz IPRax 02, 195 Fn 34: soweit sie angesichts des Erfüllungsanspruchs überhaupt noch eingreifen), insb einer Strafbarkeit und Verfallanordnung wegen sog Reklameschwindels nach § 16 UWG (BGH WM 09, 127, GRUR 08, 818). Da durch die Versendung Rechtsansprüche zahlreicher Verbraucher gegen den Unternehmer entstehen (zB 60.000 Versendungen in BGH GRUR 08, 818 [BGH 30.05.2008 - 1 StR 166/07]; über 25.000 Gewinnanforderungen in BGH NJW 06, 232 [BGH 01.12.2005 - III ZR 191/03]), bewirkt § 661a leicht dessen Insolvenz (Braun BuW 03, 732; Schneider BB 02, 1657), was der BGH (WM 09, 127) als im Interesse wirksamer Sanktionierung gewollt erachtet. Daraus können sich iÜ zu sanktionierende Pflichtverletzungen der dahinter stehenden Personen ergeben. § 661a selbst hat keinen Strafcharakter (BGH NJW 03, 3620; Grüneberg/Retzlaff Rz 1; aA Ddorf DB 04, 128; Schäfer JZ 06, 523).

 

Rn 3

Da sich der Inhalt des § 661a als ›Erfüllungsanspruch‹ (BGH WM 09, 127; NJW 03, 3621) ausschließlich nach der vom Unternehmer (Ob, Höhe, Art des Preises) völlig frei gestalteten und gegebenen (BGH NZI 08, 370) Zusage oder Mitteilung richtet (Schmidt-Räntsch FS U. Huber [06], 576), handelt es sich – wie bei der gesetzessystematisch benachbarten Auslobung (§§ 657 ff) – um ein einseitiges Rechtsgeschäft (BGH NJW 06, 232/233 – unsicher; NJW 04, 3040 [BGH 15.07.2004 - III ZR 315/03]; 03, 427 [BGH 28.11.2002 - III ZR 102/02] u 3621; Hamm NJW-RR 03, 717 [OLG Hamm 28.10.2002 - 22 U 72/02]; Dresd IPRax 02, 421 [OLG Dresden 19.12.2001 - 8 U 2256/01]; Nürnbg NJW 02, 3637 [OLG Nürnberg 28.08.2002 - 4 U 641/02] – jeweils alternativ zur geschäftsähnl Qualifikation; Mörsdorf-Schulte ausf ZZPInt 8 (03) 460–467; dies JZ 05, 774 Fn 58; weitergehend für vertragliche Qualifikation Wagner/Potsch JURA 06, 407; Staud/Bergmann Rz 18; Häcker ZVglRWiss 103 (04) 479 ff; Feuchtmeyer NJW 02, 3599). Der BGH rückte später verstärkt die Deutung als gesetzliches Schuldverhältnis (WM 09, 127) aufgrund geschäftsähnl Handlung in den Vordergrund (NZI 08, 370; NJW 06, 2549 aE und unsicher 232 f; Rauscher NJW 07, 3546 Fn 77; Lorenz NJW 06, 474; Meller-Hannich NJW 06, 2417). Deliktisch qualifizieren Ddorf DB 04, 128; Jordans IPRax 06, 584; MüKo/Seiler Rz 4; Staudinger ZEuP 04, 767.

B. Voraussetzungen.

I. Parteien.

 

Rn 4

Der Sender muss Unternehmer iSd § 14 (BGH NJW 04, 3040 [BGH 15.07.2004 - III ZR 315/03]) u der Adressat Verbraucher iSd § 13 (§ 13 Rn 12, bzw bei nicht rechtsgeschäftlicher Qualifikation [s.o. Rn 3] iSd §§ 13 f analog, MüKo/Micklitz § 13 Rz 70) sein. Geschäftsfähigkeit ist auf der Sender- (MüKo/Seiler Rz 10), nicht aber auf der Adressatenseite Voraussetzung; denn die Verpflichtung kommt auch ohne rechtsgeschäftliche Mitwirkung des Adressaten zustande (LG Berlin NJOZ 03, 2003; Erman/Ehmann Rz 2).

II. Form.

 

Rn 5

Aus dem Begriff des Sendens wird die Notwendigkeit einer gewissen Verkörperung und Textform (Briefe, Faxe, E-Mails, SMS) gefolgert (Köln K&R 12, 57 – Übermittlung eines adressierten Gewinnprotokolls ausr; LG Köln BeckRS 2010, 11062 Anrufbeantworteraufzeichnung nicht ausr; ebenso BRHP/Kotzian-Marggraf Rz 3, aA LG Lübeck v 3.6.10 – 14 S 71/10; LG Köln NJW-RR 09, 1068 [LG Köln 27.08.2008 - 2 O 120/08] – Werbeeinblendung im Internet nicht ausr; Brandenbur...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge