Rn 3

Der Auftrag iSd § 662 ist ein vertragliches Schuldverhältnis. Für den Vertragsschluss gelten die allgemeinen rechtsgeschäftlichen Regeln. Das Vertragsangebot kann vom Auftraggeber oder vom Beauftragten ausgehen. Die Annahme kann auch konkludent durch die Ausführung des Auftrags erklärt werden (BGH NJW 13, 2588 [BGH 10.04.2013 - IV ZR 38/12], konkludenter Auftrag durch Benennung einer Bezugsberechtigung für den Versicherungsfall). Schweigen reicht dagegen nicht aus. § 663 normiert insoweit keine Ausnahme. Ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Ablehnungsanzeige begründet lediglich einen Schadensersatzanspruch (s § 663 Rn 4).

 

Rn 4

Der Auftrag ist von Gefälligkeiten abzugrenzen, die ebenfalls unentgeltlich und fremdnützig sind. Der bloßen Gefälligkeit des täglichen Lebens mangelt es aber am Rechtsbindungswillen (kein Schuldverhältnis iSd § 280 I). Die Entscheidung, ob eine Erklärung oder ein Verhalten mit Rechtsbindungswillen erfolgt, ist im konkreten Einzelfall nach Treu und Glauben unter Rücksicht auf die Umstände und die Verkehrssitte zu treffen (BGHZ 21, 101; NJW 15, 2880: Gefälligkeitsfahrten; NJW 09, 840: Verwendung einer Kaution; NJW 06, 2321: Reisender und Reisebüro; BGH VerR 21, 522: Rangieren eines anderen Fahrzeugs). Dabei sind die erkennbaren wirtschaftlichen Interessen des Aufraggebers (zB erhebliche Vermögenswerte, wesentliche Bedeutung; s. Brandenb v 2.9.10, 12 U 6/10: steuerliche Beratung; ZEV 13, 341: Abhebungen aufgrund einer Kontenvollmacht; Hamm FamRZ 03, 97; Köln VersR 05, 1396: Empfehlung einer Kapitalanlage) ebenso zu berücksichtigen wie besondere Qualifikationen oder Interessen des Beauftragten (BGHZ 56, 204; 88, 373; Hamm VersR 02, 705). Ferner muss die Gefahr berücksichtigt werden, welche sich bei einer fehlerhaften Leistung realisieren kann. IRd Abwägung kann die Übernahme einer Aufgabe aus familiärer Verbundenheit (BGH JZ 69, 232; NJW 00, 3199; diff dagegen FamRZ 08, 1841; zur Bankvollmacht, Hamm BeckRS 18, 36792; für einen Auftrag, Brandbg FamRZ 19, 2033), Mitmenschlichkeit (BGH NJW 92, 498), nachbarschaftlicher Verbundenheit (Beaufsichtigung von Kindern aus der Nachbarschaft: BGH NJW 68, 1874; OVG NRW 12 E 790/15: danach stellt die Übernahme der Betreuung des Kindes für Zeiträume der Abwesenheit der Mutter auf Seiten der Familie keine bloße Gefälligkeit dar, sondern im Verhältnis der Familie zur Mutter ein Auftragsverhältnis; zur Vorsorgevollmacht, Braunschw FamRZ 21, 1582; Brandbg ErbR 19, 521) oder Freundschaft (Verwaltung eines Lottoscheins: BGH NJW 74, 1705; Überlassung einer EC-Karte nebst PIN, Kobl FamRZ 20, 1875) für eine Gefälligkeit sprechen. Von einer Rechtsbindung ist auszugehen, wenn sich der Auftraggeber auf die Entfaltung der Tätigkeit verlassen hat und erhebliche Werte auf dem Spiel stehen (Zweibr VersR 04, 1057; für die gemeinsame Nutzung von Versorgungseinrichtungen, Ddorf BeckRS 19, 16791; unter Ehegatten Brandbg NZG 22, 452). Sicherheiten, die ein Ehegatte während intakter Ehe für Verbindlichkeiten des anderen bestellt, können nach dem Scheitern der Ehe über Auftragsrecht rückabgewickelt werden (Hamm FamRZ 21, 1701; Bremen NJW 05, 3502; zu Verbindlichkeiten: Saarl NJW-Spez 10, 486; Treuhandverhältnisse: Oldbg FuR 10, 416). Von einem rechtlichen Bindungswillen ist ferner bei Fahrgemeinschaften auszugehen (Köln VersR 04, 189); nicht aber bei einer Zusatzfahrt (BGH NJW 92, 498) oder wenn minderjährige Mitglieder eines Amateursportvereins von ihren Familienangehörigen oder Angehörigen anderer Vereinsmitglieder zu Sportveranstaltungen gefahren werden (BGHZ 206, 254).

I. Form und Inhalt.

 

Rn 5

Die Wirksamkeit des Auftrags ist grds an keine Form gebunden. Ein Auftrag ist notariell zu beurkunden, wenn dieser eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung zur Übertragung oder zum Erwerb von Grundstücken begründet (§ 311b I; BGHZ 19, 69; 85, 245; 127, 168). Die Heranziehung anderer Formvorschriften (zB §§ 766, 780) kommt idR nicht in Betracht, da durch den Auftrag keine endgültige Bindung der Parteien herbeigeführt wird (§ 671: jederzeit Widerruf und Kündigung) – bei Unwirksamkeit des Auftrags s § 677 Rn 14.

 

Rn 6

Inhaltlich kann sich das zu besorgende Geschäft auf alle rechtsgeschäftlichen und tatsächlichen Handlungen wirtschaftlicher oder ideeller Art beziehen (BGHZ 56, 204). Nicht maßgebend ist, ob nur eine Handlung vorzunehmen ist oder eine Gesamtheit von Handlungen bzw Angelegenheiten zu erledigen sind. Erforderlich ist positives Tun, bloßes Dulden oder Unterlassen reicht nach hM nicht aus (MüKo/Schäfer § 662 Rz 43; Grüneberg/Sprau § 662 Rz 6a). Ein gewisser Spielraum des Beauftragten bei der Besorgung des Geschäfts ist für einen Auftrag nicht erforderlich (zwischen Notariatsangestellten und den Vertragsparteien in Bezug auf die Auflassung: BGH NJW 03, 578 [BGH 14.11.2002 - III ZR 87/02]). Sittenwidrige Handlungen führen nach § 138 zur Nichtigkeit (BGH NJW 12, 3366, zum Schenkkreis), eine sittlich zu beanstandende Gesinnung der einen oder beider Vertragsparteien genügt hierfür allein nicht (BGH ...

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