Rn 1

Die Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) begründet ein auftragsähnliches gesetzliches Schuldverhältnis. Grundlage der GoA ist eine Tätigkeit einer Person (Geschäftsführer) für eine andere (Geschäftsherr), die weder auf einem Auftrag noch einer sonstigen Berechtigung beruht (BGH VIII ZR 302/07, Rz 18).

 

Rn 2

Willenserklärungen sind für das Entstehen des gesetzlichen Schuldverhältnisses nicht erforderlich, allerdings soll der natürliche Wille zur Geschäftsübernahme notwendig sein (Grüneberg/Sprau § 677 Rz 3: Abgrenzung von Gefälligkeiten; dazu auch BGH NJW 15, 2880 [BGH 23.07.2015 - III ZR 346/14] bei Gefälligkeitsfahrten zu Sportveranstaltungen; ferner zu Schönheitsreparaturen, BGH VIII ZR 302/07, Rz 18). Teilweise werden insoweit die Regeln über Rechtsgeschäfte entspr herangezogen (vorzugswürdig zurückhaltend: MüKo/Schäfer § 677 Rz 13; dagegen Staud/Bergmann vor § 677 Rz 111; Erman/Dornis § 677 Rz 3). Um Wertungswidersprüche zu vermeiden, muss auch im Bereich der gesetzlichen Schuldverhältnisse zwischen der Geschäftsführung ohne Auftrag und der (außerrechtlichen) Gefälligkeit ohne Auftrag unterschieden werden. Maßgeblich ist insoweit ebenfalls, wie sich dem objektiven Beobachter – nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls mit Rücksicht auf die Verkehrssitte – das Handeln des Leistenden darstellt. Gefälligkeiten des täglichen Lebens oder vergleichbare Vorgänge können insoweit regelmäßig den Tatbestand der GoA nicht erfüllen. Die GoA ist ein unvollkommen zweiseitiges Rechtsgeschäft. Die Pflichten des Geschäftsführers (§ 677) stehen in keinem Gegenseitigkeitsverhältnis zu den Pflichten des Geschäftsherrn (§§ 683, 684).

 

Rn 3

Die Regeln der GoA führen die auf Seiten des Geschäftsherrn und auf Seiten des Geschäftsführers bestehenden Interessen einem Ausgleich zu. Die Übernahme des Geschäfts durch den Geschäftsführer erfolgt ohne Erbitten (zB Hilfeleisten in Notfällen, Zahlung fremder Schulden, Übernahme von Sicherheiten ohne Vereinbarung, Reparatur fremder Sachen). Der Geschäftsherr wird vor der ungewollten Übernahme seiner Geschäfte und dem damit verbundenen Eindringen in seine Sphäre durch einen Schadensersatzanspruch und Privilegierungen beim Ersatz von Aufwendungen geschützt (§§ 678, 684, 687 II). Andererseits werden den Interessen des Geschäftsführers bei der Übernahme des Geschäfts aus anerkennenswerten, altruistischen Motiven (›wirtschaftliche Vertretung‹, Loyal GoA 11 S 39 ff) bspw durch einen Aufwendungsersatzanspruch (§§ 670, 683) und Privilegien bei der Haftung für Schäden (§ 680) Rechnung getragen. Die Wirkungen des Schuldverhältnisses beschränken sich auf das Innenverhältnis. Das Außenverhältnis zu Dritten bestimmt sich nach den allgemeinen Regeln (§§ 164, 166: Vertretungsmacht; § 185: Verfügungsmacht). Die Nähe zum Auftrag ist unverkennbar, was den Standort der Vorschriften iRd besonderen Vertragsverhältnisse erklärt.

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