Rn 26

Darüber hinaus ist die Anwendbarkeit der GoA auch im Öffentlichen Recht anerkannt (etwa BVerwGE 18, 221; 80, 170; BGH NJW 04, 513). Eine öffentlich-rechtliche GoA liegt nur vor, wenn das Geschäft bei Vornahme durch den Geschäftsherrn dem Öffentlichen Recht zuzuordnen wäre (BGHZ 191, 325; 138, 281; BGH NJW 71, 1218: privatrechtliche GoA bei Erfüllung der Streupflicht durch einen anderen Verwaltungsträger). Nimmt der (hoheitliche) Geschäftsführer zugleich eine privatrechtliche Befugnis oder Verpflichtung für einen (privaten) Geschäftsherrn wahr, gelten die §§ 677 ff unmittelbar. Es liegt dann eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit iSv § 13 GVG vor (BGH NVwZ 16, 870 [BGH 26.11.2015 - III ZB 62/14]). Erforderlich ist daher die Beteiligung eines Trägers der öffentlichen Verwaltung an dem Rechtsverhältnis (BGH NJW-RR 14, 439 [BGH 02.11.2013 - AnwZ (Brfg) 10/13], Beauftragung eines Gutachters durch die Anwaltskammer). Sammelt und verwertet ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger Verpackungen nach der VerpackV, so wird er objektiv gesehen auch für einen vormals vertraglich zuständigen privaten Betreiber eines dualen Systems tätig, so dass ein auch-fremdes Geschäft vorliegt, bei dem der Fremdgeschäftsführungswille vermutet wird (BGH BeckRS 18, 1598). Andererseits müssen die Grundvoraussetzungen der GoA auch hier vorliegen. Danach finden die Regelungen der GoA keine Anwendung, wenn jemand ein fremdes Geschäft in der Meinung besorgt, dass es sein eigenes sei (§ 687 I; vgl OVG Lüneburg DÖV 19, 624).

 

Rn 27

Während die Erfüllung privater Geschäfte einer juristischen Person des Öffentlichen Rechts für einen anderen Verwaltungsträger privatrechtlich zu beurteilen ist, kommt die öffentlich-rechtliche GoA in dieser Beziehung in Betracht, falls mit dem Geschäft öffentlich-rechtliche Pflichten erfüllt werden (BGHZ 40, 18; 140, 102; BSGE 67, 100). Dabei sind die Ansprüche aus GoA aber regelmäßig durch Sondervorschriften ausgeschlossen: zB öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch, §§ 87, 102 SGB X. Ferner ist zu beachten, dass die einschlägigen Bestimmungen des Öffentlichen Rechts die Frage, wer ein bestimmtes Geschäft vorzunehmen hat, abschließend beantworten können (OVG Koblenz DVBl 19, 448).

 

Rn 28

Erfüllt eine Privatperson öffentlich-rechtliche Pflichten einer juristischen Person des Öffentlichen Rechts, sind die Regeln der GoA nur anwendbar, wenn keine vorrangigen gesetzlichen Regeln eingreifen (OVG Lüneburg DÖV 12, 528, zum Anspruch von Lehrern auf die Errichtung eines Arbeitszimmers oder Aufwendungsersatz). Ferner dürfen Ermessenspielräume des Verwaltungsträgers nicht übergangen werden. Die Ersatzfähigkeit wird häufig davon abhängig gemacht, dass die Übernahme durch eine besondere Dringlichkeit gerechtfertigt ist (BGH NJW 78, 1258 [BGH 15.12.1977 - III ZR 159/75]: Gefährdung durch eine Autobahn; OVG Münster NWVBl 90, 99: Verlegen eines Abwasserkanals; BGH NJW 97, 1636 [BGH 30.01.1997 - III ZB 110/96]; BVerwG NJW 18, 3125 [BVerwG 26.04.2018 - BVerwG 3 C 24.16] Rz 26, 27; MüKo/Schäfer § 677 Rz 102). Nimmt eine juristische Person des Öffentlichen Rechts mit einer Handlung auch ein Geschäft einer Privatperson wahr, sind die Regeln der GoA grds anwendbar (BGH NJW 04, 513). Ist die Privatperson aber Zweitschuldner, sind idR Sondervorschriften zu beachten. Dabei wird häufig ein Forderungsübergang angeordnet (§ 116 SGB X). In Einzelfällen kommt der Rückgriff nach GoA in Betracht (VG Gelsenkirchen NJW 02, 1818: Schulträger gegen die Eltern für die Kosten einer Klassenfahrt, aA VG Berlin NJW 00, 2040 [VG Berlin 28.01.2000 - 3 A 559.99]). Sondervorschriften greifen regelmäßig auch ein, wenn der Verwaltungsträger öffentlich-rechtliche Pflichten einer Privatperson wahrnimmt (zB BGH NJW 04, 513 [BGH 13.11.2003 - III ZR 70/03]: Ersatzvornahme iRd Gefahrenabwehr). Ein Polizeibeamter, der in dienstlicher Eigenschaft hoheitlich tätig wird, kann nicht zugleich das bürgerlich-rechtliche Geschäft eines Dritten führen. Sofern spezielle Regelungen fehlen, soll ein Rückgriff auf die GoA möglich sein (BGHZ 40, 28: Feuerwehr; 65, 354: Straßenverschmutzung; 65, 384: Störungsbeseitigung; zum Aufwendungsersatz für die Unterbringung eines Hundes, BVerwG NJW 20, 2487).

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