Rn 20

Die Regelung in § 774 I 2 schützt den Gläubiger vor Nachteilen, die ihm durch die cessio legis entstehen können. Sie ist in allen Fällen der Teilbefriedigung des Gläubigers durch den Bürgen von praktischer Bedeutung (Teilbürgschaft, Teilleistung oder Teilleistung auf Teilbürgschaft: BGHZ 92, 374, 379). In diesen Fällen muss der Bürge – vorbehaltlich der Sonderregeln für den Insolvenzfall des Hauptschuldners (dazu Vor § 765 Rn 47 f) – mit der Geltendmachung der auf ihn nach § 774 I 1 übergegangenen Rechte bis zur vollständigen Befriedigung des Gläubigers warten (RGZ 76, 195, 198). Man spricht vom Vorrang des Gläubigers für den ihm verbliebenen Forderungsteil samt Nebenrechten. Auf diesen Vorrang kann sich nur der Gläubiger, nicht auch der Hauptschuldner berufen (RG Recht 22 Nr 49). Unerheblich ist es idR, ob das Nebenrecht nur die verbürgte Forderung oder weitere Forderungen des Gläubigers sichert: Denn auch in diesem Fall genießt der Gläubiger den Vorrang (BGHZ 110, 41, 46: die Bürgschaft soll die Rechte des Gläubigers verstärken, arg § 772 II 2; BeckOKBGB/Rohe § 774 Rz 11; Jauernig/Stadler § 774 Rz 5; aM Erman/Zetzsche § 774 Rz 9).

 

Rn 21

Der Vorrang des Gläubigers gilt auch bei nicht akzessorischen Sicherungsrechten (s.o. Rn 14), die der Gläubiger dem Bürgen im Falle seiner Teilbefriedigung entspr § 774 I 1 anteilig übertragen muss (MüKoBGB/Habersack § 774 Rz 12).

 

Rn 22

Wenn der Bürge mehr leistet als er nach dem Bürgschaftsvertrag schuldet (s.o. Rn 7 aE), um einen Vorrang des Gläubigers nach § 774 I 2 auszuräumen, tritt eine cessio legis nach § 774 I 1 hinsichtlich des über die Bürgschaft gezahlten Teils der Hauptschuld nicht ein, da es sich bei dem überschießenden Teil nicht um eine Leistung auf die Bürgenschuld handelt (RG LZ 18, 909, 910; MüKoBGB/Habersack § 774 Rz 13).

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