Rn 10

Vorlegung bedeutet das Vorzeigen der Sache. Bei Urkunden bedeutet dies, dass in diese am Aufbewahrungsort (§§ 810, 811) oder am Wohnsitz des Schuldners (§ 269 I) Einsicht genommen werden kann. Ausnahmsweise kann auch eine Verpflichtung zur Aushändigung bestehen (Köln NJW-RR 96, 382 mwN; München NJW 01, 2806, 2807; s.a. § 811 Rn 1). Die Gestattung der Besichtigung erfolgt regelmäßig bei unbeweglichen Sachen und beschränkt sich darauf, dem Berechtigten zu ermöglichen, die Sache in Augenschein zu nehmen. § 809 gewährt allerdings kein Durchsuchungsrecht in Geschäftsräumen des Schuldners; es besteht kein allg Besichtigungs- und Kontrollrecht zur Feststellung, ob sich die zu besichtigende Sache dort befindet (BGH NJW-RR 04, 916 [BGH 13.11.2003 - I ZR 187/01]: Kopiergeräte). Der Besichtigungsanspruch erstreckt sich nicht nur auf die sinnliche Wahrnehmung, sondern umfasst auch eine eingehende Untersuchung, so dass ein Anfassen, Vermessen, Wiegen, Untersuchen mit dem Mikroskop oder Fotografieren erlaubt ist. Auch eine Inbetriebnahme der Sache (Ddorf DB 82, 2030, 2031; aA BGHZ 93, 191, 192, 209; s aber auch KG NJW 01, 233, 235 für Computer), das Abnehmen einer Verkleidung, das Ausbauen einzelner Teile sowie andere beschränkte Eingriffe in die Substanz der Sache sind bei unzumutbarer Beeinträchtigung des Integritätsinteresses des Schuldners nicht zulässig (BGHZ 150, 377, 388). Das wird va der Fall sein, wenn die Maßnahme zu dauerhaften Schäden führen kann (Frankf NJW-RR 86, 819, 820 [OLG Frankfurt am Main 03.10.1985 - 3 U 252/84]). Ein Sachverständiger kann zur Untersuchung der Sache hinzugezogen werden, va wenn nur so der Besichtigungsanspruch hinreichend ausgeübt werden kann (München NJW 01, 2806, 2807: Röntgenaufnahmen).

 

Rn 11

Dem Interesse des Berechtigten können schutzwürdige Belange des Besitzers (Verpflichteten) ggü stehen. Ein Besichtigungsanspruch wird dabei va dann verneint, wenn sich der Anspruchsgegner auf Betriebsgeheimnisse beruft, die bei einer Vorlegung oder Besichtigung offenbar werden, und wenn sich aus der Art der Sache und den Umständen ergibt, dass solche Betriebsgeheimnisse bestehen (Ddorf GRUR 83, 745). Liegen glaubhaft gemachte Geheimhaltungsinteressen des Vorlegungsschuldners vor, entfällt aber das Recht auf Besichtigung nicht, sondern wird regelmäßig eingeschränkt. In diesen Fällen ist ein neutraler zur Verschwiegenheit verpflichteter, sachkundiger Dritter zu beauftragen, der die Besichtigung für den Vorlegungsgläubiger unter Wahrung der Betriebsgeheimnisse des Vorlegungsschuldners durchführt (BGHZ 93, 191, 213). Der Sachverständige ist ggü dem Vorlegungsgläubiger Beauftragter, ggü dem Vorlegungsschuldner hat er auf Grund der Geheimhaltungspflicht eine treuhänderische Stellung (München GRUR 87, 33 f). Das soll nicht nur im Hinblick auf Betriebsgeheimnisse gelten, sondern auch dann wenn eine Einsicht einen Vertrauensbruch ggü einem Dritten darstellen würde, wenn der Verpflichtete dadurch der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung ausgesetzt würde oder wenn die Einsichtnahme durch den Berechtigten ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht wäre (Grüneberg/Sprau Rz 11).

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