Rn 38

Für die Leistungskonditionstatbestände der condictio indebiti und der condictio ob causam finitam ergeben sich abseits des Vorranges von vertraglichen und spezialgesetzlichen Regelungen zum Leistungsstörungsausgleich (s Rn 19) Berührungspunkte zur Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA). Insoweit gilt: Die berechtigte GoA (§§ 677, 683) ist Rechtsgrund für das Behaltendürfen des hieraus Erlangten (BGH NJW 93, 3196 [BGH 30.09.1993 - VII ZR 178/91]), so dass ein Bereicherungsausgleich nicht in Betracht kommt. Für die Rechtsfolgen der unberechtigten GoA verweist § 684 auf das Bereicherungsrecht, wobei ungeklärt ist, ob es sich insoweit um eine Rechtsfolgen- oder um eine Rechtsgrundverweisung handelt (für Ersteres BGH MDR 92, 588 f [BGH 26.02.1992 - XII ZR 58/91]; Hamm NJW-RR 91, 1303; Grüneberg/Sprau § 684 Rz 1; BRHP/Gehrlein § 684 Rz 1; für Letzteres MüKo/Seiler § 684 Rz 3; Medicus BürgR Rz 947). Streitig ist, welche Rechtsgrundsätze bei einer willens- und interessenkonformen (vgl § 683) Leistung zu gelten haben, die der Zuwendende zum Zwecke der Erfüllung eines unwirksamen Geschäftsbesorgungsvertrages iwS erbringt. Die in diesem Punkt ua durch werk- bzw bauvertragliche Besonderheiten beeinflusste Rspr des BGH lässt eine starke Tendenz erkennen, solche fehlgeschlagenen Leistungsbeziehungen über den Weg der berechtigten GoA abzuwickeln, weil die Geschäftsbesorgung regelmäßig ›für einen anderen‹ erfolge und der Schuldner deshalb zumindest auch ein fremdes Geschäft führe (BGH NJW 00, 72 [BGH 23.09.1999 - III ZR 322/98] mwN; 00, 1560, 1562; 93, 3196). Dem ist jedenfalls für die Lösung der besonders virulenten Probleme im Bereich der unbestellt erbrachten Bauleistungen im Grundsatz zuzustimmen (hierzu iE Leupertz BauR 05, 775, 776 ff mwN). Demgegenüber hält die hL die Regeln der GoA in diesen Fällen mit dem Hinweis für unanwendbar, dass dem Herausgabepflichtigen auf diese Weise ohne zureichenden sachlichen Grund der Entreicherungseinwand gem § 818 III und die Kondiktionssperren aus §§ 814, 817 2 genommen würden (Lorenz, NJW 96, 883 ff; Staud/Lorenz Vor §§ 812 ff Rz 45; AnwK/v Sachsen Gessaphe § 812 Rz 26; MüKo/Seiler § 677, Rz 48; Reuter/Martinek, 709; Medicus BürgR Rz 411 f; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2 § 74 III 2).

 

Rn 39

Ein weiteres Problemfeld betrifft die Konkurrenz zwischen den auf Herausgabe des Besitzes gerichteten Leistungskondiktionstatbeständen und den Regelungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses – EBV (zu den Konkurrenzproblemen bei Aufwendungskondiktionen s Rn 69 f). Eine solche besteht jedenfalls im Ergebnis nicht, soweit § 988 für die Herausgabe der Nutzungen des unentgeltlichen, gutgläubigen und unverklagten Besitzers der Muttersache auf die Rechtsfolgen des Bereicherungsausgleichs verweist. IÜ stellen nach hM die den Nutzungsersatz betreffenden Vorschriften der §§ 987–993 wegen der Privilegierung des redlichen unverklagten Besitzers in § 993 I 2 innerhalb ihres sachlichen Geltungsbereiches eine abschließende Sonderregelung dar (BGHZ 31, 129; 41, 157; krit hierzu insb Pinger, 11 ff mwN), neben der für einen Bereicherungsausgleich mit einer wichtigen Ausnahme kein Raum bleibt: Weil nämlich sonst der wegen der Unwirksamkeit des Kausalgeschäftes rechtsgrundlos besitzende Eigentümer gem § 812 I 1 Alt 1, 818 II weitergehend haften würde als derjenige, der infolge der Unwirksamkeit des (entgeltlichen) Verpflichtungs- und des Verfügungsgeschäftes (sog Doppelmangel) nur den Besitz erlangt hat (§ 993), stellt die Rspr für diese Fälle den rechtsgrundlosen Besitzer einem unentgeltlichen Besitzer gleich und gelangt so über § 988 zum Bereicherungsausgleich (BGHZ 32, 76; 71, 216, 222). Das führt allerdings bei Mehrpersonenverhältnissen zu dem wenig befriedigenden Ergebnis, dass der gegen Entgelt vom Dritten erwerbende, gutgläubige Besitzer die ihm aus dieser Rechtsbeziehung erwachsenen Einwendungen dem herausverlangenden Eigentümer nicht entgegenhalten kann. Deshalb lässt die hL die Leistungskondiktion (des Dritten!) in diesen Fällen zu und sucht eine Lösung ›übers Dreieck‹ (zum Meinungsstand Erman/Buck-Heeb Vor § 812 Rz 11 ff; Staud/Gursky Vor § 987 Rz 44 f, jeweils mwN; iE zum Doppelmangel Rn 90).

 

Rn 40

Im umgekehrten Fall, wenn also der Besitzer Verwendungen auf die Sache vom Eigentümer ersetzt haben möchte, sollen die §§ 994 ff nach der Rspr des BGH ebenfalls abschließende Sonderregelungen enthalten, welche die Leistungskondiktion ausschließen (BGHZ 41, 157, 160; WM 73, 560; JZ 96, 366). Das trifft für den Eigenbesitzer sicher zu, weil er durch Verwendungen auf die vermeintlich eigene Sache keine (zweckgerichtete) Leistung an den Eigentümer erbringt und deshalb schon der Tatbestand des § 812 regelmäßig nicht erfüllt ist. Anders liegen die Dinge beim unrechtmäßigen Fremdbesitzer, dem in Anwendung des von der Rspr präferierten engen Verwendungsbegriffs über § 994 allerdings nur erhaltende Verwendungen ersetzt werden (iE zu den Auswirkungen des ›engen‹ Verwendungsbegriffs auf den Bereicherungsausgleich Rn ...

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