Rn 5

Es liegt in der Natur einer Ausgleichsordnung, dass sie dort korrigierend wirkt, wo Gerechtigkeitslücken im Rechtssystem zu schließen sind. Sichtbar wird dieses Grundprinzip im Tatbestandsmerkmal ›ohne rechtlichen Grund‹, welches durch die Vorschriften des Bereicherungsrechts nicht ausgefüllt wird. Denn ob ein Vermögenserwerb rechtsgrundlos, also ungerechtfertigt eingetreten ist, lässt sich nur in Anwendung der sonstigen Bestimmungen des Zivilrechts unter Berücksichtigung der darin manifestierten Wertungen feststellen (zur Bedeutung des Tatbestandsmerkmals ›ohne rechtlichen Grund‹ auch für die Fälle der Eingriffskondiktion Larenz/Canaris, § 67 III 2, 138 ff; Wilhelm 98 ff u 173 ff; Welker 32 ff). Das bedeutet grds: Ein Bereicherungsausgleich findet nicht statt, soweit die Rechtsordnung eine Vermögensverschiebung billigt, iÜ (nur) unter den darüber hinaus sich aus §§ 812 ff ergebenden Voraussetzungen. Auf solche Weise ergänzen die §§ 812 ff das Rechtsgefüge und den Güterschutz (grdl Wilburg 28, 35; v Caemmerer 333, 334 f; Larenz/Canaris § 67 I 2b, 128).

 

Rn 6

Der bereicherungsrechtliche Ausgleich für rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen betrifft in der Form der Leistungskondiktion in erster Linie den rechtsgeschäftlichen Leistungsaustausch. Das wird besonders deutlich in den Fällen, in denen es die als Folge des Abstraktionsprinzips wirksame dingliche Vollziehung eines unwirksamen Kausalgeschäftes auszugleichen gilt. Die dann gebotene Rückabwicklung des Erfüllungsgeschäftes erfolgt gem § 812 I 1 Alt 1 (condictio indebiti). Insoweit steht das Bereicherungsrecht dem Rücktrittsrecht (§§ 346 ff) nahe, von dem es sich allerdings konstruktiv dadurch unterscheidet, dass kein bestehendes Schuldverhältnis rückabgewickelt, sondern ein neues, gesetzliches Schuldverhältnis begründet wird. Hinzu kommt, dass die vormals insb durch §§ 347 1, 327 2 aF bestehenden Berührungspunkte mit den sich aus §§ 818 ff ergebenden Haftungsmaßstäben durch die Einführung des SMG entfallen sind.

 

Rn 7

Auf einer anderen Ebene werden insb durch die Eingriffskondiktion unberechtigte Eingriffe in eine fremde Rechtssphäre korrigiert. Insoweit ergänzen die Vorschriften des Bereicherungsrechts den iÜ durch gesetzliche Herausgabeansprüche und verschuldensabhängige deliktische Schadensersatzansprüche nur unvollkommen gewährleisteten Güterschutz (König 1519).

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